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Anmerkungen
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und zwei Nein-Stimmen, selbst diese beiden unterwarfen sich noch
vor Schluß der Sitzung am 18.7.1870.
Die Unfehlbarkeit ist nur mit dem Amte des Papstes verknüpft,
nicht mit der Person ohne das Amt. Nach Algermissen (Konfessions-
kunde, 1950, 221) ist der Papst, wenn er eine derartige Lehrentschei-
dung ex cathedra fällt, nicht nur unfehlbar und irrtumslos, sondern
irrtumsunfähig!
Die Unfehlbarkeitserklärung hat in den entscheidenden Sätzen
folgenden Wortlaut: „Uns also der vom Anfange des christlichen
Glaubens an erhaltenen Überlieferung getreulich anschließend, zur
Ehre Gottes, unseres Heilandes, zur Erhöhung der katholischen Re-
ligion und zum Heile der Völker, lehren Wir unter Zustimmung des
heiligen Konziles und erklären endgültig, daß es ein von Gott geof-
fenbarter Glaubenssatz sei: Wenn der römische Papst ex cathedra
spricht, d.i., wenn er des Amtes als Hirte und Lehrer aller Christen
waltet und kraft seiner höchsten Apostolischen Autorität endgültig
entscheidet (definit), eine Lehre über Glauben oder Sitten sei von
der ganzen Kirche festzuhalten, erfreut er sich auf Grund des gött-
lichen Beistandes, der ihm im heiligen Petrus verheißen ist, jener
Unfehlbarkeit, mit welcher der göttliche Erlöser seine Kirche bei
endgültiger Festsetzung einer Lehre über Glauben oder Sitten ausge-
rüstet haben wollte; deshalb sind derartige endgültige Festsetzungen
(definitiones) des römischen Papstes durch sich selber, nicht aber
durch die Zustimmung der Kirche unabänderlich (ex sese, non au-
tem ex consensu ecclesiae irreformabiles).“ (Wortlaut bei Denzinger,
„Enchiridion symbolorum“, 1839, herausgegeben von Karl Rahner,
1953, zitiert nach der 16./17. Aufl., 1928.)
Auch während des zweiten Vatikanischen Konzils ließ Papst Paul
VI. nicht am Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit rütteln. Nachdem
durch das 1. Vatikanum das Amt des Papstes mit einer einzigarti-
gen Souveränität ausgestattet worden war, nachdem die Kurie sich
als „Legislative“, als quasi gesetzgebende Instanz immer mehr in
den Vordergrund gespielt hatte, war die Konstruktion der hierarchi-
schen Ordnung innerhalb der katholischen Kirche stark kopflastig
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geworden. Die Bischöfe fühlten sich in ihrer Entscheidungsfreiheit
eingeengt, so daß unter ihnen schon geraume Zeit Bestrebungen
im Gange waren, das Amt der Bischöfe aufzuwerten, sogenannte
Bischofskonferenzen einzusetzen, die Kurie wenigstens teilweise