Seite 102 - Das Leben Jesu (1973)

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Das Leben Jesu
Nur sehr schwer konnte der Herr des Himmels Menschenseelen
für sein Reich gewinnen. Von der Zeit seiner Geburt in Bethlehem
an stellte Satan ihm unaufhörlich nach. Das Bild Gottes war in Jesus
geoffenbart, und Satan hatte beschlossen, den Heiland zu überwin-
den. Noch kein menschliches Wesen war auf Erden der Macht des
Betrügers entronnen. Alle Mächte des Bösen vereinigten sich, Jesu
Weg zu verfolgen, um wider ihn zu streiten und ihn nach Möglichkeit
zu besiegen.
Bei der Taufe des Heilandes war auch der Teufel unter den Au-
genzeugen. Er sah, wie die Herrlichkeit Gottes den Sohn umhüllte.
Er hörte, wie die Stimme des Herrn die Gottheit Jesu bezeugte. Seit
dem Fall Adams hatte der persönliche Verkehr der Menschen mit
Gott aufgehört; die Verbindung zwischen Himmel und Erde war nun
durch Christus wiederhergestellt worden. Aber nun, da Jesus „in
der Gestalt des sündlichen Fleisches“ (
Römer 8,3
) gekommen war,
sprach der Vater jetzt wieder selbst. Einst hatte er durch Christus
mit den Menschen geredet, jetzt verkehrte er mit ihnen in Christus.
Satan hatte damit gerechnet, daß die Abneigung Gottes gegen das
Böse eine ewige Trennung zwischen Himmel und Erde herbeiführen
würde. Diese Hoffnung erfüllte sich nicht; denn es wurde offenbar,
daß durch den Mittler Jesus Christus nun wieder eine Verbindung
zwischen Gott und den Menschen hergestellt war.
Satan erkannte, daß es für ihn darum ging, zu siegen oder aber
besiegt zu werden. Von dem Ausgang des Kampfes hing zuviel ab,
um ihn seinen Verbündeten, den Geistern in der Luft, zu überlassen;
er mußte selbst die Führung in diesem Streit übernehmen. Alle
Mächte des Abfalls wurden gegen den Sohn Gottes aufgeboten.
Christus wurde zur Zielscheibe aller teuflischen Waffen.
Viele betrachten diesen Kampf zwischen Christus und Satan so,
als hätte er keine besondere Tragweite für ihr eigenes Leben. Sie
nehmen darum auch wenig inneren Anteil an ihm. Und doch wie-
derholt sich dieser Kampf in jedem Menschenherzen. Keiner verläßt
die Reihen Satans, um in den Dienst Gottes zu treten, der nicht den
schärfsten Angriffen des Bösen ausgesetzt wäre. Die Verlockungen,
denen Christus widerstand, waren derselben Art, wie sie auch an uns
herantreten und von uns so schwer überwunden werden. Sie wurden
ihm in so viel stärkerem Maße aufgezwungen, wie sein Charakter
erhabener war als der unsrige. Mit der furchtbaren Sündenlast der
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