Seite 121 - Das Leben Jesu (1973)

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„Wir haben den Messias gefunden“
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Eine große Volksmenge lauschte den Worten des Johannes, als
die Abgeordneten des Hohen Rates sich dem Jordan näherten. Die
hochmütigen Rabbiner trugen ein betont vornehmes Wesen zur
Schau, um das Volk zu beeindrucken und die Ehrerbietung des Pro-
pheten herauszufordern. Respektvoll, ja geradezu furchtsam teilte
sich die Menge beim Herannahen der Priester, um sie vorbeizulassen.
Die großen Männer in ihren prächtigen Gewändern, in ihrem selbst-
bewußten Stolz und in ihrer Würde standen jetzt vor dem „Prediger
in der Wüste“.
„Wer bist du?“ wollten sie wissen.
Johannes, der ihre Gedanken erriet, erwiderte: „Ich bin nicht der
Christus.“
Sie fragten ihn: „Was denn? Bist du Elia?“
Er sprach: „Ich bin‘s nicht.“
„Bist du der Prophet?“
„Nein.“
Da sprachen sie zu ihm: „Was bist du denn? daß wir Antwort
geben denen, die uns gesandt haben. Was sagst du von dir selbst?“
„Ich bin eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Richtet
den Weg des Herrn! wie der Prophet Jesaja gesagt hat.“
Johannes
1,19-23
.
Die Schriftstelle, auf die Johannes hier verwies, war jene herrli-
che Weissagung: „Tröstet, tröstet mein Volk! spricht euer Gott. Redet
mit Jerusalem freundlich und prediget ihr, daß ihre Knechtschaft ein
Ende hat, daß ihre Schuld vergeben ist ... Es ruft eine Stimme: In
der Wüste bereitet dem Herrn den Weg, macht in der Steppe eine
ebene Bahn unserm Gott! Alle Täler sollen erhöht werden, und alle
Berge und Hügel sollen erniedrigt werden, und was uneben ist, soll
gerade, und was hügelig ist, soll eben werden; denn die Herrlichkeit
des Herrn soll offenbart werden, und alles Fleisch miteinander wird
es sehen; denn des Herrn Mund hat‘s geredet.“
Jesaja 40,1-5
.
Wenn im Altertum ein König durch weniger bevölkerte Teile
seines Gebietes reiste, wurde dem fürstlichen Wagen eine Abteilung
Männer vorausgeschickt, um etwaige unebene Wegstellen auszubes-
sern, damit der König ungefährdet und unbehindert reisen konnte.
Dieses Bild gebrauchte der Prophet, um das Wirken des Evangeli-
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ums zu veranschaulichen. „Alle Täler sollen erhöht werden, und alle
Berge und Hügel sollen erniedrigt werden.“ Wenn der Geist Gottes