Seite 168 - Das Leben Jesu (1973)

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Das Leben Jesu
nestaufe von Sünden reinige. Allein die Gnade Christi verleiht der
Seele Leben. Ohne Christus ist die Taufe wie jede andere religiöse
Handlung eine wertlose Form. „Wer dem Sohn nicht glaubt, der wird
das Leben nicht sehen.“
Johannes 3,36
.
Der Erfolg des Wirkens Christi, den der Täufer mit solcher Freu-
de anerkannte, wurde auch den Behörden in Jerusalem berichtet.
Priester und Rabbiner waren auf den Einfluß des Johannes eifer-
süchtig gewesen, denn sie mußten mitansehen, wie das Volk die
Synagogen verließ und in die Wüste strömte. Aber hier war einer,
der mit noch größerer Macht die Massen anzog. Diese Obersten in
Israel waren nicht willens, mit Johannes zu sagen: „Er muß wachsen,
ich aber muß abnehmen.“
Johannes 3,30
. Mit fester Entschlossenheit
machten sie sich daran, jenem Werk ein Ende zu bereiten, das ihnen
das Volk abspenstig machte.
Jesus wußte, sie würden keine Anstrengung scheuen, um eine
Spaltung zwischen seinen und den Jüngern des Johannes herbeizu-
führen. Ebenso spürte er, daß der Sturm sich bereits zusammenballte,
der einen der größten Propheten, der je in diese Welt gesandt wor-
den war, hinwegfegen würde. Um nun keinerlei Mißverständnisse
oder Unstimmigkeiten aufkommen zu lassen, brach er unauffällig
seine Tätigkeit in Judäa ab und zog sich nach Galiläa zurück. Auch
wir sollten, der Wahrheit in Treue zugetan, alles unternehmen, um
aufkommende Mißtöne und Mißverständnisse von vornherein zu
vermeiden; denn wann immer sich solche einstellen, werden Seelen
dabei verlorengehen. Wenn Umstände eintreten, die eine Spaltung
befürchten lassen könnten, sollten wir dem Beispiel Jesu und Johan-
nes des Täufers folgen.
Johannes war zum Reformator berufen worden. Deshalb befan-
den sich seine Jünger in der Gefahr, alle ihre Aufmerksamkeit ihm
zu schenken in der Annahme, daß der Erfolg seines Werkes von
seinen Bemühungen abhinge. Leicht konnten sie die Tatsache über-
sehen, daß er lediglich ein Werkzeug war, durch das Gott wirkte. Das
Werk des Johannes reichte jedoch für die Gründung der christlichen
Gemeinde nicht aus. Nachdem er seinen Auftrag durchgeführt hatte,
mußte eine andere Arbeit vollbracht werden, die durch sein Zeugnis
nicht zustandekommen konnte. Das begriffen seine Jünger nicht.
Als sie sahen, wie Jesus auftrat und das Werk fortführte, reagierten
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sie eifersüchtig und verdrossen.