Seite 234 - Das Leben Jesu (1973)

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Das Leben Jesu
Liebe zu ihrem Meister. Simon und sein Bruder warfen gemeinsam
das Netz aus, und als sie es wieder einholen wollten, war es so
voller Fische, daß es zu zerreißen begann. Sie mußten Johannes und
Jakobus zur Unterstützung herbeirufen. Als sie den Fang gesichert
hatten, waren beide Boote randvoll beladen, so daß sie zu sinken
drohten.
Petrus jedoch sorgte sich weder um die Boote noch um ihre
Ladung; das außergewöhnliche Geschehen offenbarte ihm mehr als
alle vorher erlebten Wunder die göttliche Macht Jesu. Er erkannte
in ihm den Gebieter über die ganze Schöpfung. Die Gegenwart des
göttlichen Meisters offenbarte ihm seine eigene Minderwertigkeit.
Liebe zu seinem Herrn, Scham über seinen Unglauben, Dankbarkeit
über die Herablassung Jesu und besonders das Bewußtsein seiner
Unreinheit in der Gegenwart der ewigen Reinheit überwältigten
ihn. Während seine Kameraden die gefangene Beute in Sicherheit
brachten, fiel er dem Heiland zu Füßen und rief: „Herr, gehe von mir
hinaus! Ich bin ein sündiger Mensch.“
Lukas 5,8
.
Es war die gleiche Gegenwart göttlicher Heiligkeit, die den Pro-
pheten Daniel vor dem Engel Gottes wie tot zu Boden fallen ließ.
Er sagte: „Jede Farbe wich aus meinem Antlitz, und ich hatte kei-
ne Kraft mehr.“
Daniel 10,8
. Als Jesaja die Herrlichkeit des Herrn
schaute, rief er aus: „Weh mir, ich vergehe! Denn ich bin unreiner
Lippen und wohne unter einem Volk von unreinen Lippen; denn ich
habe den König, den Herrn Zebaoth, gesehen mit meinen Augen.“
Jesaja 6,5
. Dem Menschlichen mit seiner Schwachheit und Sünde
stand die Vollkommenheit des Göttlichen gegenüber, und er fühlte
sich äußerst unzulänglich und unwürdig. So ist es bei allen gewesen,
die Gottes Größe und Erhabenheit schauen durften.
Petrus bekannte: „Gehe von mir hinaus! Ich bin ein sündiger
Mensch.“ Dennoch umklammerte er Jesu Füße, damit er nicht von
ihm getrennt würde. Der Heiland antwortete: „Fürchte dich nicht!
denn von nun an wirst du Menschen fangen.“
Lukas 5,10
. So wurde
einst auch dem Propheten Jesaja erst dann die göttliche Botschaft
anvertraut, nachdem er die Herrlichkeit Gottes und zugleich seine
eigene Unwürdigkeit erkannt hatte. Erst als Petrus eingesehen hatte,
wie wenig er sich auf sein eigenes Können und wie sehr er sich auf
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Gott verlassen konnte, wurde er berufen, für den Herrn zu wirken.