Seite 262 - Das Leben Jesu (1973)

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Kapitel 28: Levi-Matthäus
Auf der Grundlage von
Matthäus 9,9-17
;
Markus 2,14-22
;
Lukas
5,27-39
.
Von den römischen Beamten in Palästina waren keine verhaßter
als die Zöllner. Die Tatsache, daß die Steuern von einer fremden
Macht auferlegt wurden, bildete für die Juden ein stetes Ärgernis
und erinnerte sie ständig daran, daß sie ihre Unabhängigkeit ein-
gebüßt hatten. Hinzu kam, daß die Steuereintreiber nicht allein die
Werkzeuge römischer Unterdrückung waren, sondern Erpresser zum
eigenen Vorteil, die sich auf Kosten des Volkes bereicherten. Ein
Jude, der dieses Amt aus der Hand der Römer annahm, galt als Ver-
räter der Ehre seiner Nation. Als Abtrünniger wurde er verachtet
und zu den Verworfensten der Gesellschaft gezählt.
Levi-Matthäus gehörte zu dieser Gruppe. Nach den vier Jüngern
am See Genezareth berief Christus ihn als nächsten in seinen Dienst.
Die Pharisäer hatten Matthäus nur nach seinem Beruf beurteilt, Jesus
dagegen sah das Herz dieses Menschen, das bereit war, die Wahrheit
zu empfangen. Matthäus hatte den Lehren des Heilandes gelauscht.
Während der Geist Gottes in ihm das Bewußtsein der Sündhaftigkeit
weckte, sehnte er sich danach, Hilfe bei Christus zu suchen. Er
war aber so sehr an die Unnahbarkeit der Rabbiner gewöhnt, daß
ihm überhaupt nicht der Gedanke kam, dieser Lehrer könnte ihn
beachten.
Eines Tages saß der Zöllner an seiner Bude und sah Jesus kom-
men. Höchst verwundert vernahm er die an ihn gerichteten Worte:
„Folge mir nach!“
Matthäus „verließ alles, stand auf und folgte ihm nach“.
Lukas
5,27.28
. Er zögerte nicht. Er fragte nicht. Ihm kam gar nicht der
Gedanke, nun das einträgliche Geschäft gegen Armut und Ungemach
tauschen zu sollen. Ihm genügte es, bei Jesus zu sein, seinen Worten
zu lauschen und sich seinem Wirken anzuschließen.
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