Seite 264 - Das Leben Jesu (1973)

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Das Leben Jesu
Leute zweifelhaften Rufes, die von ihren überängstlichen Nachbarn
geächtet waren.
Das Gastmahl wurde Jesus zu Ehren gegeben, und er zögerte
nicht, die Gunstbezeigung anzunehmen, obwohl er sich bewußt war,
daß dies für die Sekte der Pharisäer ein Ärgernis bedeutete und ihn
zugleich in den Augen des Volkes bloßstellte. Doch „diplomatische“
Rücksichtnahme konnte sein Verhalten nicht beeinflussen. Bei ihm
galten äußerliche Unterschiede nichts. Sein Herz sprach auf Seelen
an, die nach dem Lebenswasser dürsteten.
Jesus saß als Ehrengast zwischen den Zöllnern an der Tafel.
Durch sein Wohlwollen und sein umgängliches Wesen zeigte er
ihnen seine Wertschätzung der Würde des Menschen, so daß sie
danach verlangte, sich seines Vertrauens würdig zu erweisen. In ihre
durstigen Herzen fielen seine Worte mit beglückender, lebenspenden-
der Kraft. Neue Impulse wurden geweckt, und diesen Ausgestoßenen
der Gesellschaft eröffnete sich die Möglichkeit, ein neues Leben zu
beginnen.
Bei solchen Zusammenkünften wurden nicht wenige von den
Lehren des Heilandes beeindruckt; sie bekannten sich aber erst nach
seiner Himmelfahrt zu ihm. Als der Heilige Geist ausgegossen wur-
de und sich an einem Tage dreitausend Menschen bekehrten, waren
viele unter ihnen, die die Wahrheit zuerst an der Tafel der Zöllner
gehört hatten. Einige von ihnen wurden Boten des Evangeliums.
Für Matthäus selbst war das Verhalten Jesu auf dem Fest eine stete
Mahnung. Der verachtete Zöllner wurde zu einem der hingebungs-
vollsten Evangelisten, der sich in seinem Dienst genau nach dem
Beispiel seines Meisters richtete.
Als die Rabbiner von der Teilnahme Jesu an dem Fest des Mat-
thäus erfuhren, ergriffen sie die Gelegenheit, ihn anzuklagen, und
zwar gedachten sie es mit Hilfe der Jünger zu tun. Indem sie ihre
alten Vorurteile wieder hervorkramten, hofften sie, die Jünger ihrem
Meister entfremden zu können. Christus bei den Jüngern und die
Jünger bei Christus anzuschuldigen, das war ihre Verfahrensweise.
Dabei richteten sie ihre Pfeile auf die verwundbarsten Stellen. Seit
dem Streit im Himmel hat Satan sich stets dieser Methode bedient,
und alle, die Unstimmigkeit und Entfremdung verursachen, sind von
seinem Geist getrieben.