Seite 30 - Das Leben Jesu (1973)

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Das Leben Jesu
Mit ihren Seherworten hatten sie in den Herzen vieler Heiden frohe
Hoffnungen entfacht.
Seit Jahrhunderten waren die heiligen Schriften ins Griechische
übersetzt worden, die damals über weite Gebiete des Römischen
Reiches verbreitete Sprache. Dazu kam noch, daß die Juden überall-
hin verstreut waren und ihre Messiaserwartung in gewissem Grade
von den Heiden geteilt wurde. Unter jenen, von den Juden Heiden
genannt, befanden sich Männer, die ein besseres Verständnis der
göttlichen Weissagungen über den Messias besaßen als die Schrift-
gelehrten Israels. Sie erwarteten in dem Messias einen Erretter von
der Sünde. Philosophen bemühten sich, das Geheimnis der hebräi-
schen Heilsgeschichte zu erforschen. Aber die Verblendung der Ju-
den verhinderte die Ausbreitung des Lichtes. Sie wollten die Kluft,
die zwischen ihnen und anderen Völkern bestand, um keinen Preis
überbrücken und waren nicht gewillt, ihre Erkenntnis über den Op-
ferdienst anderen mitzuteilen. Zuerst mußte ihr Messias, der wahre
Lehrer, kommen und die Bedeutung aller biblischen Schattenbilder
erklären.
Durch die Natur, durch Bilder und Gleichnisse, durch Patriarchen
und Propheten hatte Gott zur Welt gesprochen. Diese Unterweisun-
gen mußten der Menschheit auch in einer menschlichen Sprache
gegeben werden. Der Engel des Bundes sollte diese Aufgabe über-
nehmen. Seine Stimme sollte in seinem eigenen Tempel gehört
werden. Christus mußte kommen, um jene Worte zu sprechen, die
klar und deutlich verstanden werden konnten. Er, der Schöpfer der
Wahrheit, mußte die Wahrheit von der Spreu menschlicher Äußerun-
gen trennen, die ohne Wirkung geblieben waren. Nicht nur mußten
die Grundsätze der Herrschaft Gottes und der Erlösungsplan auf das
sinnfälligste erklärt, sondern auch die Texte des Alten Testamentes
sollten den Menschen ausführlich dargelegt werden.
Dennoch gab es unter den Juden standhafte Seelen, Nachkom-
men jenes geheiligten Geschlechtes, das die Erkenntnis Gottes in
sich bewahrt hatte, die noch auf die Erfüllung der den Vätern gege-
benen Verheißung warteten. Diese gläubigen Juden stärkten und be-
lebten ihren Glauben immer wieder durch die Worte Moses: „Einen
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Propheten wird euch der Herr, euer Gott, erwecken aus euren Brü-
dern gleichwie mich; den sollt ihr hören in allem, was er euch sagen
wird.“
Apostelgeschichte 3,22
. Oder sie lasen, daß Gott den Einen