Seite 343 - Das Leben Jesu (1973)

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Die ersten Evangelisten
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Bedrückten trösten, den Verzagten dienen und die Hoffnungslosen
ermutigen; dann wird auch an uns die Verheißung erfüllt: „Deine
Gerechtigkeit wird vor dir hergehen, und die Herrlichkeit des Herrn
wird deine Nachhut sein!“
Jesaja 58,8 (Schlachter)
. Die Liebe Chri-
sti, die sich in selbstlosem Dienst offenbart, wird zur Besserung
des Gottlosen wirkungsvoller sein als das Schwert oder das Gericht.
Diese sind notwendig, um den Übertreter des Gesetzes zu schrecken;
aber ein liebevoller Evangelist kann mehr ausrichten. Oft verhärtet
sich das Herz unter einer Zurechtweisung, die Liebe Christi aber
wird ein Herz erweichen. Der Missionar kann nicht nur in leiblichen
Nöten helfen, er kann vor allem den Sünder zu dem großen Arzt
führen, der die Seele von dem Aussatz der Sünde zu reinigen ver-
mag. Es ist Gottes Wille, daß die Kranken, die Unglücklichen, die
von bösen Geistern Besessenen seine Stimme durch seine Diener
und Boten vernehmen sollen; er will durch menschliche Werkzeuge
ein Tröster sein, wie die Welt keinen besseren kennt.
Die Jünger sollten auf ihrer ersten Missionsreise nur „zu den
verlorenen Schafen aus dem Hause Israel“ (
Matthäus 10,6
) gehen.
Hätten sie jetzt den Heiden oder den Samaritern das Evangelium ge-
predigt, dann würden sie ihren Einfluß bei den Juden verloren haben.
Sie hätten das Vorurteil der Pharisäer erregt und würden sich selbst
in Auseinandersetzungen verwickelt haben, so daß ihnen schon am
Anfang ihrer Missionstätigkeit aller Mut genommen worden wäre.
Selbst die Apostel konnten es kaum begreifen, daß das Evangelium
allen Völkern gebracht werden mußte, und ehe sie diese Wahrheit
nicht selbst fassen und verstehen konnten, waren sie nicht genügend
vorbereitet, unter den Heiden zu wirken. Wenn die Juden das Evan-
gelium annehmen würden, sollten sie nach Gottes Willen als seine
Boten zu den Heiden ziehen. Deshalb wurde ihnen die Botschaft
vom Reich als ersten gebracht.
Wo auch der Heiland wirkte, erkannten Menschen ihren be-
dürftigen Zustand und hungerten und dürsteten nach der Wahrheit.
Die Zeit war gekommen, diesen verlangenden Seelen das Evangeli-
um seiner Liebe zu verkündigen. Die Jünger als Jesu Stellvertreter
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sollten zu all diesen suchenden Menschen gehen. So würden die
Gläubigen dahin gebracht werden, sie als göttliche verordnete Leh-
rer anzusehen, und, wenn der Heiland von ihnen ginge, nicht ohne
Lehrer sein.