Seite 390 - Das Leben Jesu (1973)

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Das Leben Jesu
Leben derer, die ernstlich versuchten, den Anforderungen der Rab-
biner nachzukommen, war ein einziger Kampf gegen zeremonielle
Verunreinigung, eine endlose Reihe von Waschungen und Reini-
gungen. Während das Volk sich mit all den unbedeutenden Unter-
schieden und Vorschriften beschäftigte, die Gott gar nicht verlangte,
wurde seine Aufmerksamkeit von den bedeutsamen Grundsätzen
des Gesetzes abgelenkt.
Christus und seine Jünger führten diese zeremoniellen Waschun-
gen nicht aus, und die Abgesandten der Pharisäer machten diese
Vernachlässigung zum Grund ihrer Anklage. Sie wagten jedoch kei-
nen unverhüllten Angriff auf den Herrn, sondern kamen zu ihm und
beschuldigten seine Jünger. Vor allem Volk fragten sie ihn: „Warum
übertreten deine Jünger die Satzungen der Ältesten? Sie unterlassen
die Waschung der Hände vor dem Essen.“
Matthäus 15,2
.
Wenn die Botschaft der Wahrheit Seelen mit besonderer Kraft
ergreift, regt Satan seine Helfer an, einen Streit über geringfügige
Fragen vom Zaune zu brechen, und sucht auf diese Weise die Auf-
merksamkeit von dem wirklichen Geschehen abzulenken. Sowie ein
gutes Werk begonnen wird, sind Krittler bereit, über Äußerlichkeiten
und Förmlichkeiten zu streiten, um die Gemüter von den lebendigen
Wahrheiten abzubringen. Wenn es den Anschein hat, als ob Gott
auf besondere Weise für sein Volk wirken will, sollte dieses sich
nicht verleiten lassen, auf Streitfragen einzugehen, die er Seele nur
zum Verderben gereichen können. Die wichtigsten Fragen für uns
sind: Habe ich den seligmachenden Glauben an den Sohn Gottes?
Lebe ich mein Leben in Übereinstimmung mit dem Gesetz Gottes?
„Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben. Wer dem Sohn
nicht glaubt, der wird das Leben nicht sehen.“
Johannes 3,36
. „Und
an dem merken wir, daß wir ihn kennen, wenn wir seine Gebote
halten.“
1.Johannes 2,3
.
Jesus versuchte nicht, sich oder seine Jünger zu verteidigen;
er ging gar nicht auf die Beschuldigung ein, sondern zeigte nur
den Geist, der diese Eiferer für menschliche Satzungen beseelte.
Er zeigte ihnen durch ein Beispiel, was sie schon wiederholt getan
und gerade jetzt wieder getan hatten, ehe sie gekommen, ihn zu
suchen. Er sagte ihnen: „Gar fein hebt ihr Gottes Gebot auf, auf
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daß ihr eure Satzungen haltet. Denn Mose hat gesagt: ‚Du sollst
deinen Vater und deine Mutter ehren‘, und: ‚Wer Vater oder Mutter