Seite 409 - Das Leben Jesu (1973)

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Im Schatten des Kreuzes
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ihm treu. Der Wankelmut derer, die ihn gestern priesen und heu-
te verdammten, konnte den Glauben des wahren Nachfolgers Jesu
nicht untergraben. Petrus erklärte: „Du bist Christus, des lebendigen
Gottes Sohn!“ Er wartete nicht auf königliche Ehren, um seinen
Herrn krönen zu können, sondern nahm ihn in seiner Niedrigkeit an.
Petrus hatte den Glauben der Zwölf ausgesprochen. Dennoch
waren sie noch weit davon entfernt, das Werk Christi auf Erden zu
verstehen. Der Widerstand und die falschen Darstellungen der Prie-
ster und Ältesten verursachten ihnen, obwohl sie sich dadurch nicht
von Christus trennen ließen, viel Unruhe; sie konnten ihren Weg
nicht klar erkennen. Der Einfluß aus ihrer Jugendzeit, die Lehren
der Rabbiner und die Macht der Überlieferung trübten noch immer
ihre Erkenntnis der Wahrheit. Von Zeit zu Zeit wurden sie durch die
hellen Lichtstrahlen, die von Jesus ausgingen, erleuchtet; dann aber
waren sie auch wieder wie Menschen, die im dunkeln umhertasten.
An diesem Tage aber, ehe sie der großen Prüfung ihres Glaubens
gegenübergestellt wurden, war die Kraft des Heiligen Geistes in
ihnen. Ihre Augen waren für kurze Zeit von dem Sichtbaren abge-
wandt, um das Unsichtbare zu sehen. Und sie erkannten hinter seiner
menschlichen Gestalt die Herrlichkeit des Sohnes Gottes.
Jesus antwortete Petrus und sprach: „Selig bist du, Simon, Jonas
Sohn; denn Fleisch und Blut hat dir das nicht offenbart, sondern
mein Vater im Himmel.“
Matthäus 16,17
.
Die Wahrheit, die Petrus hier ausgesprochen hatte, ist die Grund-
lage für das Bekenntnis des Gläubigen. Sie ist, wie Jesus selbst
erklärt hat, das ewige Leben. Diese Erkenntnis zu besitzen, war je-
doch kein Grund, sich selbst zu verherrlichen. Weder durch eigene
Weisheit noch durch eigene Leistung war Petrus diese Erkenntnis
zuteil geworden. Nie kann ein Mensch aus sich selbst heraus zur
Erkenntnis des Göttlichen gelangen. Sie „ist höher als der Himmel:
was willst du tun? tiefer als die Hölle: was kannst du wissen?“
Hiob
11,8
. Nur der Geist der Kindschaft kann uns die Tiefen der Gottheit
offenbaren, die „kein Auge gesehen hat und kein Ohr gehört hat
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und in keines Menschen Herz gekommen ist“.
1.Korinther 2,9
. Gott
aber hat sie „offenbart durch seinen Geist; denn der Geist erforscht
alle Dinge, auch die Tiefen der Gottheit“.
1.Korinther 2,10
. „Der
Herr ist denen Freund, die ihn fürchten; und seinen Bund läßt er
sie wissen.“
Psalm 25,14
. Die Tatsache, daß Petrus die Herrlichkeit