Seite 451 - Das Leben Jesu (1973)

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In der Schlinge
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Mose kommt, sondern von den Vätern —, und ihr beschneidet den
Menschen auch am Sabbat.“
Johannes 7,22
. Nach der Vorschrift des
Gesetzes mußte jeder Knabe am achten Tage beschnitten werden;
auch wenn dieser achte Tag auf einen Sabbat fiel, genügten die Ju-
den dem Gesetz. Wieviel mehr mußte es nun mit dem Wesen des
Gesetzes übereinstimmen, „den ganzen Menschen“ am Sabbat ge-
sund zu machen! Eindringlich warnte Jesus die Juden. „Richtet nicht
nach dem, was vor Augen ist, sondern richtet ein rechtes Gericht.“
Johannes 7,24
.
Die Obersten mußten schweigen; aber viele aus der Menge spra-
chen: „Ist das nicht der, den sie suchen zu töten? Und siehe, er redet
frei, und sie sagen ihm nichts. Sollten unsre Obersten nun wahrhaftig
erkannt haben, daß er der Christus sei?“
Johannes 7,25.26
.
Viele unter Christi Zuhörern, die in Jerusalem wohnten und
von den Anschlägen wußten, die die Oberen des Volkes gegen ihn
schmiedeten, fühlten sich mit unwiderstehlicher Kraft von ihm an-
gezogen. Schwer lastete auf ihnen die Gewißheit, daß er der Sohn
Gottes war. Doch Satan war entschlossen, Zweifel zu säen. Der Weg
dazu war durch ihre eigenen irrigen Vorstellungen vom Messias und
seinem Kommen vorbereitet. So wurde allgemein angenommen, daß
Christus zwar in Bethlehem geboren werden würde, doch nach einer
gewissen Zeit sollte er wieder verschwinden. Bei seinem zweiten Er-
scheinen würde dann niemand wissen, woher er käme. Viele waren
davon überzeugt, daß der Messias keine natürlichen verwandtschaft-
lichen Beziehungen zu den Menschen unterhalten würde. Da Jesus
dieser volkstümlichen Vorstellung von der Herrlichkeit des Messias
nicht entsprach, schenkten viele der Einflüsterung Beachtung: „Wir
wissen, woher dieser ist; wenn aber der Christus kommen wird, so
wird niemand wissen, woher er ist.“
Johannes 7,27
.
Während sie so zwischen Zweifel und Glauben schwankten,
nahm Jesus ihren Gedanken auf und antwortete ihnen: „Ihr kennet
mich und wisset, woher ich bin. Aber von mir selbst bin ich nicht
gekommen, sondern es ist ein Wahrhaftiger, der mich gesandt hat,
welchen ihr nicht kennet.“
Johannes 7,28
. Sie maßten sich an, über
die Herkunft Jesu Bescheid zu wissen, in Wirklichkeit aber wußten
sie überhaupt nichts von ihm. Hätten sie in Übereinstimmung mit
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dem Willen Gottes gelebt, dann würden sie seinen Sohn erkannt
haben, als er öffentlich unter ihnen auftrat.