Seite 450 - Das Leben Jesu (1973)

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Das Leben Jesu
Allen jenen, die sich Gott mit dem aufrichtigen Wunsch ergeben,
seinen Willen zu erfahren und danach zu handeln, wird sich die
Wahrheit als eine Gotteskraft zu ihrer Erlösung erweisen. Sie kön-
nen dann entscheiden, ob jemand wirklich von Gott oder nur von
sich selbst spricht. Die Pharisäer hatten ihren Willen nicht dem Wil-
len Gottes unterstellt. Sie wollten nicht die Wahrheit erforschen,
sondern einen Grund finden, sich ihr zu entziehen. Christus machte
deutlich, daß dies die Ursache war, weshalb sie seine Lehre nicht
verstanden.
Der Herr kennzeichnete den Unterschied zwischen einem wahr-
haftigen Lehrer und einem Betrüger mit folgenden Worten: „Wer
von sich selbst redet, der sucht seine eigne Ehre; wer aber sucht
die Ehre des, der ihn gesandt hat, der ist wahrhaftig, und ist keine
Ungerechtigkeit an ihm.“
Johannes 7,18
. Wer seine eigene Ehre
sucht, spricht von sich selbst; der Geist der Selbstsucht verrät seinen
Ursprung. Christus suchte die Ehre Gottes; er sprach des Vaters
Worte — das war seine Vollmacht als Lehrer der Wahrheit.
Jesus bewies den Rabbinern seine Gottheit, indem er ihnen ihre
Gedanken offenbarte. Seit der Heilung am Teich Bethesda hatten
sie seinen Tod beschlossen. Sie brachen damit selbst das Gesetz,
das sie zu verteidigen vorgaben. „Hat euch nicht Mose das Gesetz
gegeben?“ fragte er sie. „Und niemand unter euch tut das Gesetz.
Warum suchet ihr mich zu töten?“
Johannes 7,19
.
Wie ein greller Blitz erhellten diese Worte Jesu den Rabbinern
den Abgrund des Verderbens, in den sie zu stürzen drohten. Für
Augenblicke waren sie mit Schrecken erfüllt; sie erkannten, wie
unvorstellbar die Macht Jesu war, gegen die sie kämpfen wollten.
Aber sie ließen sich nicht warnen; sie nahmen den Kampf auf. Um
ihren Einfluß beim Volk nicht zu verlieren, mußten sie ihre hinterli-
stigen Mordgedanken geheimhalten. So wichen sie auch der Frage
Jesu aus und riefen: „Du hast einen bösen Geist; wer sucht dich zu
töten?“
Johannes 7,20
. Sie deuteten an, daß die Wunderwerke Jesu
von einem bösen Geist stammten.
Der Heiland überging diese boshafte Verdächtigung und erklärte
ihnen, daß die Heilung am Teich Bethesda durchaus mit dem We-
sen des Sabbatgebotes übereinstimmte und auch durch die jüdische
Auslegung des Gesetzes gerechtfertigt war. Er sagte ihnen: „Mo-
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se hat euch doch gegeben die Beschneidung — nicht daß sie von