Seite 501 - Das Leben Jesu (1973)

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Nicht mit äußerlichen Gebärden ...
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seinen Worten gelauscht! Was hatte wohl Christus damit gemeint,
als er sagte: „Ich habe euch noch viel zu sagen; aber ihr könnt es
jetzt nicht tragen.“
Johannes 16,12
. Wie eifrig waren sie bemüht, all
das zu erfassen! Sie waren bekümmert, daß ihr Glaube so schwach
gewesen war, daß ihre Gedanken dem Ziel so fern geblieben waren
und sie die Wirklichkeit nicht begriffen hatten.
Gott hatte einen Herold gesandt, der die Ankunft Christi ver-
künden und die Aufmerksamkeit der Juden wie der ganzen Welt
auf Jesu Sendung lenken sollte, damit sich die Menschen auf seine
Aufnahme vorbereiten könnten. Die außerordentliche Persönlich-
keit, die Johannes angekündigt hatte, weilte bereits mehr als dreißig
Jahre unter ihnen, sie aber hatten ihn nicht als den Gottgesandten
erkannt. Reue überkam die Jünger, weil sie es zugelassen hatten,
daß der herrschende Unglaube auch ihre Gedanken durchtränkt und
ihr Verständnis getrübt hatte. Das Licht dieser dunklen Welt hatte in
der Finsternis geschienen, doch sie hatten nicht erkannt, woher seine
Strahlen kamen. Jetzt fragten sie sich, weshalb sie so gelebt hatten,
daß Christus sie tadeln mußte. Oft wiederholten sie seine Reden und
dachten: Warum ließen wir es zu, daß irdische Gedanken und der
Widerstand der Priester und Rabbiner uns so verwirrten, daß wir es
nicht begriffen, daß ein Größerer als Mose unter uns weilte und ein
Weiserer als Salomo uns unterwies? Wie taub waren unsere Ohren,
wie dürftig unser Verständnis!
Thomas wollte nicht glauben, ehe er nicht seinen Finger in Jesu
Wunde gelegt hatte, die von römischen Soldaten verursacht worden
war. Petrus verleugnete ihn, als Christus erniedrigt und verworfen
wurde. Diese schmerzlichen Erinnerungen standen ihnen jetzt deut-
lich vor Augen. Sie waren zwar in seiner Nähe gewesen, hatten
ihn aber weder gekannt noch richtig eingeschätzt. Wie waren ihre
Herzen bewegt, als sie nun ihren Unglauben einsahen!
Als sich jetzt die Priester und Oberen gegen sie verbündeten,
sie vor den Hohen Rat stellten und ins Gefängnis warfen, freuten
sie sich, daß sie als Nachfolger Christi würdig waren, „um Seines
Namen willen Schmach zu leiden“.
Apostelgeschichte 5,41
. Sie
waren beglückt, vor Engeln und Menschen beweisen zu können, daß
sie die Herrlichkeit Christi erkannt hatten und unter Hintansetzung
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aller Güter in seiner Nachfolge wandelten.