Seite 500 - Das Leben Jesu (1973)

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Das Leben Jesu
schätzten die Jünger in vollem Umfang das Wesen und die Sendung
des Heilandes. Als sie die Geistestaufe erhalten hatten, wurde ih-
nen nach und nach bewußt, daß sie in der Gegenwart des Herrn der
Herrlichkeit geweilt hatten. Als sie sich wieder der Worte Christi
erinnerten, wurden ihre Sinne geschärft, so daß sie die Prophezei-
ungen verstanden und auch den Sinn der Wunder begriffen, die er
getan hatte. Die Wundertaten seines Lebens zogen an ihnen vorüber,
und es war ihnen, als seien sie aus einem Traum erwacht. Da trat
ihnen klar vor Augen: „Das Wort ward Fleisch und wohnte unter
uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des ein-
gebornen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“
Johannes
1,14
. Christus war tatsächlich von Gott her in eine sündenbehaftete
Welt gekommen, um die gefallenen Kinder Adams zu erretten. Jetzt
kamen sich die Jünger nicht mehr so wichtig vor wie zuvor, und sie
wurden nicht müde, seinen Worten und Taten nachzudenken. Seine
Lehren, die sie vorher kaum verstanden hatten, erschienen ihnen nun
wie eine neue Offenbarung. Die heiligen Schriften wurden für sie
zu einem neuen Buch.
Durch das Studium der Weissagungen, die von Christus Zeugnis
ablegten, kamen die Jünger Gott näher und lernten von dem, der gen
Himmel gefahren war, um dort das Werk zu vollenden, das er auf
Erden begonnen hatte. Ferner erkannten sie, daß in ihm eine Weis-
heit beheimatet war, die kein Mensch ohne göttliche Hilfe verstehen
konnte. Sie bedurften der Hilfe dessen, von dem Könige, Propheten
und fromme Männer geweissagt hatten. Voller Staunen lasen sie im-
mer wieder die Schilderungen der Propheten von seinem Wesen und
seinen Taten. Wie mangelhaft hatten sie doch das prophetische Wort
verstanden! Wie lange hatte es gedauert, ehe sie die großen Wahrhei-
ten angenommen hatten, die von Christus Zeugnis ablegten! Als sie
ihn — Mensch unter Menschen — in seiner Erniedrigung erlebten,
vermochten sie noch nicht das Geheimnis seiner Fleischwerdung
und die zwei Seiten seiner Natur zu begreifen. Ihre Augen waren
gehalten, so daß sie die Gottheit in menschlicher Gestalt nicht völlig
erkannten. Nachdem sie aber durch den heiligen Geist erleuchtet
worden waren, wie sehnten sie sich danach, Jesus wiederzusehen
und ihm zu Füßen zu sitzen! Wie sehr wünschten sie doch, zu ihm
gehen zu könne mit der Bitte, ihnen die Schriftworte zu erklären,
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die sie nicht verstehen konnten! Wie aufmerksam hätten sie jetzt