Seite 514 - Das Leben Jesu (1973)

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Das Leben Jesu
sie uns schließlich völlig beherrschen.
Er begriff sehr gut, was Jesu Worte ihm sagen wollten, und wurde
traurig. Hätte er sich den Wert der ihm angebotenen Gabe vergegen-
wärtigt, würde er sich unverzüglich dem Herrn angeschlossen haben.
Er gehörte dem geachteten Rat der Juden an, und Satan versuch-
te ihn mit schmeichelhaften Zukunftsaussichten. Er wünschte sich
den himmlischen Schatz, wollte aber ebensowenig auf die irdischen
Vorteile verzichten, die sein Reichtum ihm bringen würde. Er war
betrübt über derartige Bedingungen. Ihn verlangte nach dem ewigen
Leben; dennoch konnte er sich nicht entschließen, das geforderte
Opfer zu bringen. Das ewige Leben erschien ihm zu teuer, und er
ging traurig von dannen; „denn er hatte viele Güter“.
Markus 10,22
.
Sein Anspruch, das Gesetz Gottes erfüllt zu haben, war eine
Selbsttäuschung; denn er bewies, daß Reichtum sein Götze war. Er
konnte die Gebote Gottes nicht halten, solange das Irdische den er-
sten Platz in seinen Neigungen einnahm. Er liebte die Gaben Gottes
mehr als den Geber. Jesus hatte dem Jüngling seine Gemeinschaft
angeboten. „Folge mir nach!“ hatte er ihm zugerufen; doch der Hei-
land bedeutete ihm nicht soviel wie sein eigenes Ansehen unter den
Menschen oder seine Güter. Seinen irdischen Reichtum, der sichtbar
war, für den himmlischen Schatz aufzugeben, der unsichtbar war,
erschien ihm als ein zu großes Wagnis. Er schlug das Anerbieten
des ewigen Lebens aus und ging hinweg; seitdem gehörte seine
Anbetung der Welt. Tausende gehen durch die gleiche Prüfung; sie
vergleichen Christus mit der Welt, und viele entscheiden sich für die
Welt! Sie wenden sich, gleich dem Jüngling, vom Heiland ab und
sagen sich in ihrem Herzen: Diesen will ich nicht als meinen Führer
haben.
Christi Verhalten zu dem Jüngling ist ein guter Anschauungsun-
terricht für uns. Gott hat uns Verhaltungsmaßregeln gegeben, denen
jeder einzelne seiner Diener folgen muß. Zu ihnen gehört der Gehor-
sam gegen sein Gesetz; nicht nur ein gesetzlicher Gehorsam, sondern
ein Gehorsam, der unser Leben durchdringt und sich im Charakter
verwirklicht. Gott hat sein eigenes Wesen zum Maßstab gesetzt für
alle, die Untertanen seines Reiches werden wollen. Nur jene, die
Christi Mitarbeiter werden wollen, nur jene, die sprechen: Herr, alles
was ich habe und alles was ich bin, ist dein!, werden als Kinder
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Gottes anerkannt werden. Alle sollten sich bewußtmachen, was es