Seite 517 - Das Leben Jesu (1973)

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„Lazarus, komm heraus!“
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den, die Gott seinen Geschöpfen entgegenbringt. Doch die Menge
hatte taube Ohren, und in dem Heim in Bethanien konnte Christus
von dem beschwerlichen Kampf des öffentlichen Wirkens ausru-
hen. Hier öffnete er seinen aufnahmebereiten Zuhörern das ganze
Ausmaß der Vorsehung Gottes. In diesen persönlichen Gesprächen
breitete er vor ihnen aus, was er der so bunt zusammengewürfel-
ten Menschenmenge nicht mitteilen wollte. Zu seinen Freunden
brauchte er nicht in Gleichnissen zu reden.
Während Christus seine wunderbaren Belehrungen austeilte, saß
Maria zu seinen Füßen, eine ehrfürchtige und demütige Zuhörerin.
Einmal ging Martha, die mit der Sorge um die Vorbereitung des
Mahles beschäftigt war, zu Jesus und sagte: „Herr, fragst du nicht
danach, daß mich meine Schwester läßt allein dienen? Sage ihr doch,
daß sie es auch angreife!“
Lukas 10,40
. Dies geschah bei Jesu erstem
Besuch in Bethanien. Der Heiland und seine Jünger hatten gerade
eine beschwerliche Fußreise von Jericho hinter sich. Martha war
bemüht, für deren Behaglichkeit zu sorgen, und in ihrer ängstlichen
Besorgnis vergaß sie die ihrem Gast schuldige Höflichkeit. Jesus
antwortete ihr mit freundlichen, geduldigen Worten: „Martha, Mar-
tha, du hast viel Sorge und Mühe. Eins aber ist not: Maria hat das
gute Teil erwählt; das soll nicht von ihr genommen werden.“
Lukas
10,41.42
. Maria bewahrte diese kostbaren Worte aus dem Munde
des Heilandes in ihrem Herzen, Worte, die wertvoller waren als alle
irdischen Schätze.
Das eine, dessen Martha bedurfte, war ein ruhiges, andächti-
ges Gemüt, ein tieferes Verlangen nach Erkenntnis hinsichtlich der
zukünftigen Dinge, des ewigen Lebens und der für das geistliche
Wachstum notwendigen geistlichen Gaben. Es war nötig, daß sie
sich weniger um die vergänglichen Dinge sorgte als mehr um die
Dinge, die ewig währen. Jesus wollte seine Kinder lehren, jede Ge-
legenheit wahrzunehmen, sich die Erkenntnis anzueignen, die sie
zur Erlösung tauglich macht. Christi Werk braucht aufmerksame,
energievolle Mitarbeiter. Es ist für alle Marthas mit ihrer rührigen
Geschäftigkeit in religiösen Belangen ein weites Betätigungsfeld.
Aber laßt sie erst mit Maria zu den Füßen Jesu sitzen! Laßt Fleiß,
Bereitwilligkeit und Tatkraft durch die Gnade Christi geheiligt sein;
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dann wird solch Leben als eine unüberwindliche Kraft zum Guten
wirken.