Seite 539 - Das Leben Jesu (1973)

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Das Gesetz des neuen Königreichs
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Johannes, der Sohn des Zebedäus, gehörte zu den beiden ersten
Jüngern, die dem Herrn nachgefolgt waren. Er und sein Bruder Jako-
bus hatten mit als erste alles verlassen, um ihm zu dienen. Freudig
hatten sie sich von ihrer Familie und ihren Freunden getrennt, weil
sie bei ihm sein wollten. Sie waren mit ihm gewandelt und hatten
mit ihm gesprochen. In der privaten Sphäre eines Heimes wie auch
in öffentlichen Versammlungen waren sie an seiner Seite gewesen.
Er hatte ihre Ängste besänftigt, sie aus Gefahren errettet, von Leiden
befreit, ihren Kummer gebannt und so lange geduldig und liebevoll
mit ihnen gesprochen, bis ihre Herzen mit seinem Herzen übereinzu-
stimmen schienen und sie sich in inbrünstiger Liebe danach sehnten,
dereinst in seinem Königreich ganz nahe bei ihm zu sein. Bei jeder
passenden Gelegenheit war Johannes an der Seite des Heilandes zu
finden, und auch Jakobus wünschte nichts sehnlicher, als durch eine
enge Verbindung mit Jesus geehrt zu werden.
Ihre Mutter war eine Nachfolgerin Jesu und hatte ihm mit allem
gedient, was sie hatte. Mit der Liebe und dem Ehrgeiz einer Mutter
begehrte sie für ihre Söhne die ehrenvollsten Plätze im Königreich
Jesu Christi. In diesem Sinne ermutigte sie die beiden, Ansprüche
an den Herrn zu stellen.
Die Mutter und ihre zwei Söhne suchten daraufhin gemeinsam
Jesus auf, um ihm ihr Herzensanliegen vorzutragen.
„Was wollt ihr, daß ich euch tue?“ fragt er sie.
Markus 10,36
.
Die Mutter erwiderte: „Laß diese meine zwei Söhne sitzen in
deinem Reich, einen zu deiner Rechten und den andern zu deiner
Linken.“
Matthäus 20,21
.
Jesus war ihnen sehr zugetan; deshalb tadelte er auch nicht ih-
re Selbstsucht, mit der sie persönliche Vorteile vor ihren Brüdern
suchten. Er las in ihren Herzen und kannte ihre tiefe Zuneigung zu
ihm. Obwohl durch ihren irdischen Charakter verunreinigt, war ihre
Liebe nicht nur eine menschliche Gemütsbewegung, sondern sie
entsprang seiner Erlöserliebe. „Könnt ihr den Kelch trinken, den ich
trinken werde und euch taufen lassen mit der Taufe, mit der ich ge-
tauft werde?“ fragte er sie. Ihnen fielen seine geheimnisvollen Worte
ein, in denen von Verfolgung und Leiden die Rede war. Dennoch
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antworteten sie: „Ja, das können wir.“
Matthäus 20,22
. Sie würden
es sich zur höchsten Ehre anrechnen, wenn sie ihre Treue dadurch