Seite 662 - Das Leben Jesu (1973)

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Das Leben Jesu
erniedrigte und menschliche Gestalt annahm, wohnte die Gottheit
noch immer in ihm. Er allein konnte der menschlichen Natur den
Vater offenbaren, und die Jünger hatten länger als drei Jahre den
Vorzug gehabt, diese Offenbarung des Himmels wahrzunehmen.
„Glaubet mir, daß ich im Vater und der Vater in mir ist; wo nicht,
so glaubet mir doch um der Werke willen.“
Johannes 14,11
. Ihr
Glaube konnte sicher ruhen auf dem Zeugnis, das in den Werken
Christi zum Ausdruck kam; in Werken, die kein Mensch aus sich
selbst je getan hatte noch tun konnte. Christi Werke bezeugten seine
Göttlichkeit. Durch ihn war der Vater geoffenbart worden.
Glaubten die Jünger an diese lebendige Verbindung zwischen
dem Vater und dem Sohn, dann würde ihr Vertrauen auf Christus
sie beim Anblick seines Leidens und Sterbens, wodurch er eine
verlorene Welt zu retten hoffte, nicht verlassen. Jesus versuchte
die Jünger von ihrem niedrigen Glaubensstand zu der Erfahrung
zu bringen, die sie machen könnten, wenn sie wirklich erkennten,
was er war: Gott in menschlicher Gestalt! Er wünschte, ihr Glaube
führte sie allmählich zu Gott und fände dort festen Grund. Wie
ernsthaft und beharrlich war der barmherzige Heiland bemüht, seine
Jünger auf den Sturm der Versuchung vorzubereiten, der bald über sie
hereinbrechen würde! Er wollte sie dann mit ihm in Gott geborgen
wissen.
Während Jesus mit ihnen redete, leuchtete die Herrlichkeit Gottes
auf seinem Antlitz, und alle Umstehenden überkam eine heilige
Ehrfurcht, als sie mit gespannter Aufmerksamkeit seinen Worten
lauschten. Ihre Herzen fühlten sich immer enger zu ihm hingezogen;
und da sie Christus in größerer Liebe verbunden waren, kamen sie
sich auch untereinander näher. Sie fühlten die Nähe des Himmels
und ahnten, daß die Worte, denen sie zuhörten, eine an sie gerichtete
Botschaft ihres himmlischen Vaters waren.
„Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer an mich glaubt, der
wird die Werke auch tun, die ich tue, und wird größere als diese tun;
denn ich gehe zum Vater.“
Johannes 14,12
. Jesus war eindringlich
bestrebt, seinen Jüngern verständlich zu machen, zu welchem Zweck
seine Gottheit sich mit der menschlichen Natur verbunden hatte. Er
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war in die Welt gekommen, um die Herrlichkeit Gottes zu entfal-
ten, damit die Menschen durch deren erneuernde Kraft gebessert
werden sollten. Gott offenbarte sich in ihm, damit Jesus in ihnen