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Der Reformator der Schweiz
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aber diese Übereinstimmung der Gemüter mehr zuschreiben als wie
dem höchsten, besten Gott?
Die von der Reformation errungenen Erfolge reizten die An-
hänger Roms zu noch größeren Anstrengungen, sie zu vernichten.
Da die Unterdrückung der Sache Luthers in Deutschland durch
Verfolgungen so wenig fruchtete, entschlossen sie sich, die Reform-
bestrebungen mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. Es sollte ein
Streitgespräch mit Zwingli stattfinden, und da die Anordnung dieses
Gespräches in ihren Händen lag, wollten sie sich dadurch den Sieg
sichern, indem sie den Kampfplatz und die Richter, die zwischen den
Streitenden entscheiden sollten, wählten. Konnten sie erst einmal
Zwingli in ihre Gewalt bekommen, dann wollten sie schon dafür sor-
gen, daß er ihnen nicht entwischte. Und war der führende Kopf zum
Schweigen gebracht, dann konnte die Reformationsbewegung rasch
erstickt werden. Doch sorgfältig verheimlichten sie ihre Absicht.
Das Religionsgespräch sollte in Baden stattfinden; Zwingli aber
war nicht dabei. Der Zürcher Rat mißtraute den Absichten Roms,
auch das Auflodern der in den katholischen Kantonen für die evange-
lischen Gläubigen angezündeten Scheiterhaufen diente als Warnung;
deshalb verbot er seinem Seelsorger, sich dieser Gefahr auszusetzen.
Zwingli war bereit, sich allen Römlingen in Zürich zu stellen; aber
nach Baden zu gehen, wo eben erst das Blut der Märtyrer um der
Wahrheit willen vergossen worden war, hätte für ihn den sicheren
Tod bedeutet. Ökolampadius und Haller vertraten die Reformati-
on, während der bekannte Doktor Eck, den eine Schar päpstlicher
Gelehrter und Kirchenfürsten unterstützte, der Vertreter Roms war.
Nahm Zwingli auch an dem Gespräch nicht teil, sein Einfluß war
doch spürbar. Die Katholiken selbst hatten die Schreiber bestimmt;
allen andern war jede Aufzeichnung bei Todesstrafe verboten. Den-
noch erhielt Zwingli täglich von den in Baden abgehaltenen Reden
genauen Bericht. Ein bei den Verhandlungen anwesender Student
schrieb jeden Abend die Beweisführungen auf. Zwei andere Studen-
ten übernahmen es, diesen Verhandlungsbericht sowie die brieflichen
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Anfragen Ökolampads und seiner Glaubensbrüder an Zwingli zu be-
fördern. Die Antworten des Reformators, die Ratschläge und Winke
enthielten, mußten nachts geschrieben werden. Frühmorgens kehrten
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Zwingli, Bd. VII, 389, 5.4.1525