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Die Reformation in Frankreich
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Durch ein Gelübde an ständige Armut und Niedrigkeit gebunden,
richtete sich ihr Streben darauf, Reichtum und Macht zu erlangen,
um beides zum Sturz des Protestantismus und zur Wiederherstellung
der päpstlichen Oberherrschaft zu verwenden.
Als Mitglieder ihres Ordens erschienen sie unter dem Deck-
mantel der Heiligkeit, besuchten Gefängnisse und Krankenhäuser,
halfen den Kranken und Armen, gaben vor, der Welt entsagt zu ha-
ben und trugen den heiligen Namen Jesu, der umhergegangen war,
Gutes zu tun. Aber unter diesem tadellosen Äußeren wurden oft die
gewissenlosesten und tödlichsten Absichten verborgen. Es war ein
Hauptgrundsatz des Ordens, daß der Zweck die Mittel heilige. Durch
diese Regel wurden Lüge, Diebstahl, Meineid, Meuchelmord nicht
nur verzeihlich, sondern sogar lobenswert, wenn sie dem Interesse
der Kirche dienten. Unter den verschiedensten Masken bahnten sich
die Jesuiten ihren Weg zu Staatsämtern, arbeiteten sich zu Ratgebern
der Könige empor und leiteten die Politik der Nationen. Sie wurden
Diener, um als Spione ihre Herren zu überwachen. Sie errichteten
Hochschulen für die Söhne der Fürsten und Adligen und Schulen
für das gewöhnliche Volk und brachten die Kinder protestantischer
Eltern dahin, daß sie päpstlichen Gebräuchen huldigten. Der ganze
äußerliche Glanz und Prunk des päpstlichen Gottesdienstes sollte
darauf hinwirken, den Verstand zu verwirren, das Gemüt zu beein-
drucken und die Einbildungskraft zu blenden und zu fesseln. Auf
diese Weise wurde die Freiheit, für die die Väter gearbeitet und
geblutet hatten, von den Söhnen verraten. Rasch breitete sich die
jesuitische Bewegung über ganz Europa aus, und wohin sie auch
kamen, bewirkten sie eine Wiederbelebung des Papsttums.
Um ihnen größere Macht zu geben, wurde eine Bulle erlassen,
die die Inquisition wieder einführte. Trotz des allgemeinen Ab-
scheus, mit dem man die Inquisition sogar in katholischen Ländern
betrachtete, wurde dieses schreckliche Gericht von päpstlichen Herr-
schern aufs neue eingesetzt, und Abscheulichkeiten, die zu schreck-
lich sind, um ans Tageslicht gebracht zu werden, wurden in den
verborgenen Kerkern wieder begangen. In zahlreichen Ländern wur-
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den Tausende und aber Tausende, die Blüte der Nation, die Reinsten
und Edelsten, die Intelligentesten und Gebildetesten, fromme und
ergebene Prediger, arbeitsame und vaterlandsliebende Bürger, große