Seite 240 - Der gro

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Der große Kampf
da zu arbeiten. Calvin erschrak sehr. Furchtsam und friedliebend,
schreckte er zurück vor der Berührung mit dem kühnen, unabhängi-
gen, ja sogar heftigen Geist der Genfer. Seine geschwächte Gesund-
heit und die Gewohnheit, zu studieren und zu forschen, veranlaßten
ihn, die Zurückgezogenheit zu suchen. In der Meinung, der Refor-
mation am besten durch seine Feder dienen zu können, wünschte
er sich ein ruhiges Plätzchen zum Studium, um dort vermittels der
Druckpresse die Gemeinden zu unterweisen und aufzubauen. Aber
Farels feierliche Ermahnung kam zu ihm wie ein Ruf vom Himmel,
und er wagte es nicht, sich zu widersetzen. Es schien ihm, wie er
sagte, „als ob die Hand Gottes vom Himmel herab ausgereckt ihn
ergriffen und unwiderruflich an den Ort gesetzt habe, den er so gern
verlassen wollte“
Zu dieser Zeit umgaben die protestantische Sache große Gefah-
ren. Die Bannflüche des Papstes donnerten gegen die Stadt Genf,
und mächtige Nationen bedrohten sie mit Vernichtung. Wie sollte
die kleine Stadt der gewaltigen Priestermacht widerstehen, die so
oft Könige und Kaiser gezwungen hatte, sich zu unterwerfen? Wie
könnte sie den Heeren der großen Eroberer der Welt standhalten?
In der ganzen Christenheit drohten dem Protestantismus furcht-
bare Feinde. Als die ersten Siege der Reformation erfochten waren,
sammelte Rom neue Kräfte in der Hoffnung, ihre Vernichtung zu
vollführen. Um diese Zeit wurde der Jesuitenorden gestiftet. Von
irdischen Banden und menschlichen Beziehungen abgeschnitten,
den Ansprüchen natürlicher Neigungen abgestorben, die Vernunft
und das Gewissen völlig zum Schweigen gebracht, kannten seine
Mitglieder keine Herrschaft, keine Verbindung als nur die ihres Or-
dens und keine andere Pflicht als die, seine Macht auszudehnen.
(Siehe Anm. 033) Das Evangelium Christi hatte seine Anhänger
befähigt, ungeachtet der Kälte, des Hungers, der Mühe und Armut
Gefahren zu begegnen und Leiden zu erdulden und das Banner der
Wahrheit angesichts des Kerkers, der Folter und des Scheiterhaufens
hochzuhalten. Um diese Männer zu bekämpfen, begeisterte das Je-
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suitentum seine Anhänger mit einem fanatischen Glaubenseifer, der
ihnen die Möglichkeit gab, gleiche Gefahren zu erdulden und der
Macht der Wahrheit alle Waffen der Täuschung gegenüberzustellen.
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D‘Aubigné, 9.Buch, Kapitel 17