Seite 27 - Der gro

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Die Zerstörung Jerusalems
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Drei Jahre lang war der Herr des Lichts und der Herrlichkeit
unter seinem Volk ein- und ausgegangen. Er war umhergezogen und
hatte wohlgetan und gesund gemacht alle, die vom Teufel überwäl-
tigt waren; er hatte die zerstoßenen Herzen geheilt, die Gefangenen
befreit, die Blinden sehend gemacht. Er hieß die Lahmen gehen und
die Tauben hören, er reinigte die Aussätzigen, weckte die Toten auf
und verkündigte den Armen das Evangelium.
Apostelgeschichte
10,38
;
Lukas 4,18
;
Matthäus 11,5
. Allen Menschen ohne Unter-
schied galt die gnadenreiche Einladung: „Kommet her zu mir alle,
die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.“
Mat-
thäus 11,28
.
Obgleich ihm Gutes mit Bösem und Liebe mit Haß belohnt
wurde (
Psalm 109,5
), war er doch unverwandt seiner Mission der
Barmherzigkeit nachgegangen. Nie waren die Menschen abgewie-
sen worden, die seine Gnade gesucht hatten. Selbst ein heimatloser
Wanderer, dessen tägliches Teil Schmach und Entbehrung hieß, hatte
er gelebt, um den Bedürftigen zu dienen, das Leid der Menschen zu
lindern und Seelen zur Annahme der Gabe des Lebens zu bewegen.
Wenn sich auch die Wogen der Gnade an widerspenstigen Herzen
brachen, sie kehrten mit einer noch stärkeren Flut mitleidsvoller,
unaussprechlicher Liebe zurück. Aber Israel hatte sich von seinem
besten Freund und einzigen Helfer abgewandt, hatte die Mahnungen
seiner Liebe verachtet, seine Ratschläge verschmäht, seine Warnun-
gen verlacht.
Die Stunde der Hoffnung und der Gnade neigte sich dem Ende
zu; die Schale des lange zurückgehaltenen Zornes Gottes war na-
hezu gefüllt. Die nunmehr unheildrohende Wolke, die sich in den
Jahren des Abfalls und der Empörung gebildet hatte, war im Begriff,
sich über ein schuldiges Volk zu entladen. Der allein sie vor dem
bevorstehenden Schicksal hätte bewahren können, war verachtet,
mißhandelt, verworfen worden und sollte bald gekreuzigt werden.
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Christi Kreuzestod auf Golgatha würde Israels Zeit als einer von
Gott begünstigten und gesegneten Nation beenden. Der Verlust auch
nur einer Seele ist ein Unglück, das unendlich schwerer wiegt als
die Vorteile und Reichtümer der Welt. Als Christus auf Jerusalem
blickte, sah er das Schicksal einer ganzen Stadt, einer ganzen Nati-
on vor seinem inneren Auge abrollen — jener Stadt, jener Nation,