Seite 28 - Der gro

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Der große Kampf
die einst die Auserwählte Gottes, sein ausschließliches Eigentum
gewesen war.
Propheten hatten über den Abfall der Kinder Israel und über die
schrecklichen Verwüstungen, die ihre Sünden heraufbeschworen,
geweint. Jeremia wünschte, daß seine Augen Tränenquellen wären,
um Tag und Nacht die Erschlagenen der Tochter seines Volkes und
des Herrn Herde, die gefangengenommenen worden war, beweinen
zu können.
Jeremia 8,23
;
Jeremia 13,17
. Welchen Schmerz muß da
Christus empfunden haben, dessen prophetischer Blick nicht Jahre,
sondern ganze Zeitalter umfaßte! Er sah den Würgeengel mit dem
gegen die Stadt erhobenen Schwert, die so lange Wohnstätte des
Höchsten gewesen war. Von der Spitze des Ölberges, von derselben
Stelle, die später von Titus und seinem Heer besetzt wurde, schaute er
über das Tal auf die heiligen Höfe und Säulenhallen, und vor seinem
tränenumflorten Auge tauchte eine schreckliche Vision auf: die
Stadtmauern waren von einem feindlichen Heer umzingelt. Er hörte
das Stampfen der sich sammelnden Horden, vernahm die Stimme
der in der belagerten Stadt nach Brot schreienden Mütter und Kinder.
Er sah ihren heiligen, prächtigen Tempel, die Paläste und Türme
den Flammen preisgegeben, und dort, wo diese Bauwerke sich einst
erhoben, schaute er nur einen rauchenden Trümmerhaufen.
Den Zeitenfluß überblickend, sah er das Bundesvolk in alle Län-
der zerstreut wie Schiffbrüchige an einem öden Strand. In der irdi-
schen Vergeltung, die sich anschickte, seine Kinder heimzusuchen,
sah er die ersten Tropfen aus jener Zornesschale, die sie beim Gericht
bis zur Neige leeren müssen. Sein göttliches Erbarmen und seine
mitleidsvolle Liebe fanden ihren Ausdruck in den klagenden Wor-
ten: „Jerusalem, Jerusalem, die du tötest die Propheten und steinigst,
die zu dir gesandt sind! wie oft habe ich deine Kinder versammeln
wollen, wie eine Henne versammelt ihre Küchlein unter ihre Flügel;
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und ihr habt nicht gewollt!“
Matthäus 23,37
. Oh, hättest, du, das
vor allen andern bevorzugte Volk, die Zeit deiner Heimsuchung und
das, was zu deinem Frieden diente, erkannt! Ich habe den Engel des
Gerichts aufgehalten, ich habe dich zur Buße gerufen, aber umsonst.
Nicht nur Knechte, Boten und Propheten hast du abgewiesen, auch
den Heiligen Israels, deinen Erlöser, hast du verworfen. Wenn du
vernichtet wirst, so bist du allein dafür verantwortlich. „Ihr wollt