Seite 463 - Das Leben Jesu (1973)

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Das Licht des Lebens
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Die Erlösung kann niemanden aufgezwungen werden. Keinerlei
äußere Gewalt wird dazu angewandt. Unter dem Einfluß des Geistes
Gottes steht es dem Menschen frei, selbst zu entscheiden, wem er
dienen möchte. Die innere Wandlung als Folge davon, daß das Herz
Christus übergeben wird, verbürgt die höchste Stufe der Freiheit.
Die Austreibung der Sünde ist eine Tat des Herzens. Es trifft zu,
wir können uns nicht aus eigener Kraft von der Herrschaft Satans
befreien. Wenn wir aber von der Sünde frei werden wollen und
in höchster Not nach einer Macht außer und über uns rufen, dann
werden die Kräfte unseres Herzens von der göttlichen Macht des
Heiligen Geistes so durchdrungen, daß sie den Willen Gottes als
ihren eigenen erfüllen.
Die Freiheit des Menschen ist nur unter der einen Voraussetzung
möglich, daß er mit Christus eins wird. „Die Wahrheit wird euch
frei machen.“
Johannes 8,32
. Christus ist diese Wahrheit. Die Sünde
kann nur Erfolg haben, wenn sie den Geist schwächt und die Freiheit
der Seele zerstört. Unterwirft man sich aber Gott, dann wird das
eigentliche Selbst wiederhergestellt — die wahre Herrlichkeit und
Würde des Menschen. Das göttliche Gesetz, von dem wir abhängig
sind, ist das „Gesetz der Freiheit“.
Jakobus 2,12
.
Die Pharisäer hatten sich selbst als Kinder Abrahams bezeichnet.
Jesus sagte ihnen, daß sie diesen Anspruch nur aufrechterhalten
könnten, wenn sie auch die Werke Abrahams täten. Wahre Kinder
Abrahams lebten so wie Abraham — im Gehorsam gegenüber Gott,
und sie trachteten nicht danach, den einen zu töten, der zu ihnen von
der Wahrheit sprach, die Gott ihm geschenkt hatte. Die Rabbiner
taten nicht die Werke Abrahams, als sie ein Komplott gegen Christus
schmiedeten. Die bloße Abstammung von Abraham war wertlos.
Ohne geistliche Verbindung mit ihm, die sich dadurch gezeigt hätte,
daß sie den Geist Abrahams besitzen und seine Werke tun, waren
sie nicht seine Kinder.
Dieser Grundsatz behält sein Gewicht auch für ein Problem, das
lange die Christenheit beschäftigt hat — für das Problem der aposto-
lischen Nachfolge. Für die Abstammung von Abraham entschieden
weder Namen noch Stammbaum, sondern die Wesensgleichheit. Ge-
nauso beruht die apostolische Nachfolge nicht auf der Weitergabe
kirchlicher Autorität, sondern auf der geistlichen Verwandtschaft.
Ein Leben, das im Geiste der Apostel geführt wird, der Glaube und
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