Seite 589 - Das Leben Jesu (1973)

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Der Tempel wird wieder gereinigt
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wo kein Werkzeug sie mehr bearbeitete. Sie mußten von den Arbei-
tern nur mehr in die richtige Lage gebracht werden. Als Grundstein
war ein Quader von ungewöhnlicher Größe und Form herangeschafft
worden. Wahrscheinlich lag es daran, daß die Arbeiter für diesen
Stein keinen Platz finden konnten und ihn deshalb nicht einsetzen
wollten. Da der riesige Stein ungenutzt im Wege lag, verursachte er
den Arbeitern viel Verdruß.
Lange blieb er als verschmähter Steinblock liegen. Doch dann
gingen die Baumeister daran, die Eckfundamente zu legen. Dafür
suchten sie lange nach einem Stein, der die erforderliche Größe
und Stärke sowie die entsprechende Form hätte, um diesen Platz
auszufüllen und das gewaltige Gewicht zu tragen, das später auf
ihm ruhen sollte. Träfen sie für diesen entscheidenden Platz die
falsche Wahl, wäre die Sicherheit des ganzen späteren Bauwerks
gefährdet. So mußten sie einen Stein finden, der den Einflüssen von
Sonne, Frost und Sturm trotzen konnte. Verschiedentlich hatten sie
schon Steine ausgesucht, doch waren sie alle unter der ungeheuren
Belastung zerbrochen. Andere wiederum hielten den plötzlichen
Veränderungen der Witterung nicht stand.
Schließlich wurde man auf den Stein aufmerksam, der so lange
übersehen worden war. Er war Luft, Sonne und Wind ausgesetzt
gewesen, ohne daß sich an ihm auch nur der kleinste Riß gezeigt
hätte. Die Bauleute untersuchten ihn sehr sorgfältig; mit einer Aus-
nahme hatte er alle Prüfungen bestanden. Wenn er auch starken
Druck aushalten würde, wollte man ihn als Eckstein verwenden.
Der Versuch wurde unternommen, der Stein für gut befunden, an
die für ihn bestimmte Stelle geschafft und eingefügt. Und er paßte
tatsächlich ganz genau in die Lücke.
Jesaja wurde in prophetischer Schau offenbart, daß dieser Stein
ein Sinnbild für Christus sei. Er schrieb: „Haltet den Herrn der Heer-
scharen für heilig! Er soll eure Furcht sein und der Gegenstand eurer
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Scheu. Er wird ein Heiligtum sein, aber für die beiden Reiche Israels
zu einem Stein des Anstoßes werden und zu einem Felsen, über
den man stürzt, zur Schlinge und zum Fallstrick für die Bewohner
Jerusalems! Viele werden über ihn straucheln, werden fallen und zer-
schmettert werden, werden sich verfangen und verstricken.“
Jesaja
8,13-15 (Bruns)
. Im Rahmen einer Vorausschau auf das erste Kom-
men Christi wurde dem Propheten gezeigt, daß Christus derartige