Seite 116 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Patriarchen und Propheten
zu unterschiedsloser Höflichkeit bereit und behandelten andere so,
wie wir es für uns selber wünschten, würde die Hälfte aller Übel im
Leben beseitigt. Überheblichkeit zeugt von einem bösen Geist. Aber
in wem die Liebe Christi wohnt, der wird nicht das Seine suchen. Er
wird Gottes Gebot beachten: „Ein jeglicher sehe nicht auf das Seine,
sondern auch auf das, was des andern ist.“
Philipper 2,4
.
Obwohl Lot seinen Wohlstand Abraham mit verdankte, brachte
er das in keiner Weise zum Ausdruck. Die Höflichkeit hätte hier
verlangt, daß er Abraham die Wahl überließ. Statt dessen nahm er in
seiner Selbstsucht alle Vorteile wahr. „Da hob Lot seine Augen auf
und besah die ganze Gegend am Jordan. Denn ehe der Herr Sodom
und Gomorra vernichtete, war sie wasserreich, bis man nach Zoar
kommt, wie der Garten des Herrn, gleichwie Ägyptenland.“
1.Mose
13,10
. Das Jordantal war die fruchtbarste Gegend in ganz Palästina.
Es erinnerte den Beschauer an das verlorene Paradies. An Schönheit
und Fruchtbarkeit glich es dem reichen Niltal, das Abraham und Lot
erst verlassen hatten. Es gab wie dort reiche, schöne Städte, die auf
ihren belebten Märkten zu einträglichem Handel einluden. Lot war
von der Aussicht auf irdischen Gewinn ganz verblendet und übersah
völlig den sittlichen und geistlichen Tiefstand, den er dort antreffen
würde. Die Bewohner der Ebene „sündigten sehr wider den Herrn“.
1.Mose 13,13
. Wußte er das nicht, oder hielt er es für unwichtig?
Jedenfalls „erwählte sich Lot die ganze Gegend am Jordan“ und
„zog mit seinen Zelten bis nach Sodom“.
1.Mose 13,11.12
. Wie
wenig sah er die Folgen seiner eigennützigen Wahl voraus!
Nachdem sich Abraham von Lot getrennt hatte, verhieß ihm der
Herr wiederum den Besitz des ganzen Landes. Kurz darauf zog er
nach Hebron. Er schlug sein Zelt unter den Eichen von Mamre auf
und errichtete daneben dem Herrn einen Altar. Unter dem freien
Himmel der Hochebene mit ihren Olivenhainen und Weinbergen,
ihren wogenden Kornfeldern und ausgedehnten Weideflächen an
den Hängen der umliegenden Hügel wohnte er und war mit seinem
einfachen patriarchalischen Leben zufrieden. Gern überließ er Lot
die gefährliche Üppigkeit des Tales von Sodom.
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Die Völker jener Gegend achteten Abraham als einen mächti-
gen Fürsten und als kluges, tüchtiges Stammesoberhaupt. Und er
mied sie keineswegs. Da er sich in seinem Leben und ganzen We-
sen deutlich von den Götzenanbetern unterschied, übte er im Sinne