Seite 140 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Patriarchen und Propheten
Verstellung in ihre Herzen einzuschleichen. Er hat niemals mehr
Erfolg, als wenn er Menschen in ihren müßigen Stunden überrascht.
In Sodom herrschten fröhliche Ausgelassenheit und Lustbarkeit,
Schwelgerei und Trunkenheit. Die Menschen ließen den niedrigsten,
rohesten Leidenschaften die Zügel schießen. Offen trotzten sie Gott
und seinem Gesetz mit ihrer Gewalttätigkeit. Obwohl sie das Bei-
spiel der vorsintflutlichen Welt kannten und wußten, daß Gottes Zorn
deren Vernichtung herbeiführte, lebten sie genauso gottlos dahin.
Als Lot nach Sodom zog, hatte die Verderbtheit noch nicht in
solchem Maße um sich gegriffen, und Gott ließ in seiner Gnade
Erkenntnisschimmer in die sittliche Finsternis fallen. Als Abraham
damals die Gefangenen aus Sodom von den Elamitern befreite, wur-
de die Aufmerksamkeit der Leute auf den wahren Glauben gelenkt.
Der Patriarch war den Sodomitern kein Fremder gewesen. Seine
Verehrung des unsichtbaren Gottes hatte ihnen nur Anlaß zum Spott
gegeben. Aber der Sieg über die weit stärkeren Streitkräfte und seine
hochherzige Verfügung über Gefangene und Beute erregten doch
Staunen und Bewunderung. Während man sein Geschick und seine
Tapferkeit rühmte, konnte sich niemand des Eindrucks erwehren,
daß ihm eine göttliche Macht den Sieg verliehen hatte. Solche vor-
nehme Gesinnung war den selbstsüchtigen Sodomitern fremd und
doch ein weiterer Beweis für den höheren Wert des Glaubens, den
der Erzvater mit seinem Mut und seiner Treue bewiesen hatte.
Als Melchisedek Abraham segnete, bestätigte er, daß Jahwe die
Quelle seiner Kraft und der Urheber seines Sieges war: „Gesegnet
seist du, Abram, vom höchsten Gott, der Himmel und Erde geschaf-
fen hat; und gelobt sei Gott der Höchste, der deine Feinde in deine
Hand gegeben hat.“
1.Mose 14,19.20
. Gott sprach durch Schicksals-
schläge zu jenem Volk, aber es verwarf das letzte Anerbieten wie
alle anderen zuvor.
Und nun nahte Sodoms letzte Nacht. Schon warf das Strafgericht
seine Schatten voraus. Aber die Menschen merkten nichts. Während
die Engel in Gottes Auftrag zur Vernichtung nahten, träumten So-
doms Bewohner von Erfolg und Vergnügen. Der letzte Tag war wie
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jeder andere, der gekommen und gegangen war. Der Abend senkte
sich auf ein liebliches Bild herab. Die Strahlen der sinkenden Sonne
verklärten die unvergleichlich schöne Landschaft. Abendkühle hatte