Seite 141 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Sodoms Untergang
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die Bewohner der Stadt hervorgelockt, und Vergnügungssüchtige
liefen auf und ab, nur auf den Genuß des Augenblicks bedacht.
In der Abenddämmerung nahten sich dem Stadttor zwei Fremde.
Es waren offensichtlich Reisende, die über Nacht bleiben wollten.
Niemand hätte hinter diesen unauffälligen Wanderern Boten des
Gerichts vermutet. Die heitere, sorglose Volksmenge ließ sich nicht
träumen, daß sie mit ihrer Behandlung der göttlichen Sendboten
in dieser Nacht den Gipfel der Schuld erreichten und damit das
Schicksal ihrer stolzen Stadt besiegelten. Ein einziger Mann erwies
den Fremden freundliche Aufmerksamkeit und lud sie in sein Heim.
Lot erkannte ihr wahres Wesen nicht, aber er war es gewöhnt, höflich
und gastfrei zu sein. Das gebot ihm seine religiöse Haltung, und
Abraham war ihm darin mit gutem Beispiel vorangegangen. Hätte
er nicht diese Höflichkeit an den Tag gelegt, wäre er vielleicht mit
den übrigen Sodomitern umgekommen. Wenn sie ihre Türe einem
Fremden verschloß, hat manche Familie Gottes Boten den Eintritt
verwehrt und sich damit um den göttlichen Segen, um Hoffnung und
Frieden gebracht.
Alles im Leben, und sei es noch so geringfügig, tut seine Wir-
kung im guten oder bösen Sinne. Gewissenhaftigkeit oder Nachläs-
sigkeit in den scheinbar geringsten Pflichten kann reichen Segen
oder großes Unglück zur Folge haben. Ein Charakter wird in kleinen
Dingen erprobt. Auf unscheinbare Taten täglicher Selbstverleug-
nung, die freudig und willig geschehen, sieht Gott mit Wohlgefallen.
Wir sollen nicht uns selbst, sondern für andere leben. Allein durch
selbstlose Liebe und Hilfsbereitschaft können wir unserer Umwelt
zum Segen werden. Kleine Aufmerksamkeiten und Gefälligkeiten
tragen viel zum Lebensglück bei, und ihre Vernachlässigung hat
wesentlichen Anteil am menschlichen Elend.
Da Lot beobachtet hatte, welchen Belästigungen Fremde in So-
dom oft ausgesetzt waren, hielt er es für seine Pflicht, sie bei ihrer
Ankunft unter seinen Schutz zu nehmen, indem er ihnen seine Gast-
freundschaft anbot. Als sich die Reisenden näherten, saß er am Tore.
Sobald er sie bemerkte, stand er auf, ging ihnen entgegen, verneigte
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sich höflich vor ihnen und sagte: „Siehe, liebe Herren, kehrt doch
ein im Haus eures Knechts und bleibt über Nacht.“ Sie verhielten
sich so, als wollten sie seine Einladung ablehnen, und sagten: „Nein,
wir möchten über Nacht im Freien bleiben.“
1.Mose 19,2
. Mit dieser