Seite 143 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Sodoms Untergang
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vor. Aber die so lange verschmähte Gnade Gottes war schließlich
unwirksam geworden. Sodoms Einwohner hatten die Grenze der
göttlichen Langmut überschritten, die verborgene Grenze zwischen
Gottes Geduld und seinem Zorn. Nun sollten sich die Flammen
seiner Rache im Tal Siddim entzünden. Die Engel offenbarten Lot
deshalb ihren Auftrag: „Wir werden diese Stätte verderben, weil das
Geschrei über sie groß ist vor dem Herrn; der hat uns gesandt, sie zu
verderben.“
1.Mose 19,13
. Lot hatte die Fremdlinge schützen wol-
len. Jetzt versprachen sie, ihn und alle seine Familienangehörigen zu
retten, die mit ihm aus der gottlosen Stadt fliehen würden. Der Mob
draußen war müde geworden und abgezogen. So ging Lot hinaus,
um seine Kinder zu warnen. Er wiederholte ihnen die Worte des En-
gels: „Macht euch auf und geht aus diesem Ort, denn der Herr wird
diese Stadt verderben.“
1.Mose 19,14
. Aber sie sahen das Ganze als
Scherz an und lachten über seine abergläubische Furcht. Seine Töch-
ter ließen sich dann auch von ihren Männern beeinflussen. Es ging
ihnen doch gut in Sodom. Sie konnten keinerlei Anzeichen einer
Gefahr sehen. Alles war wie bisher. Sie hatten große Besitzungen
und konnten nicht glauben, daß das schöne Sodom zerstört werden
sollte.
Bedrückt kehrte Lot nach Hause zurück und berichtete von sei-
nem Mißerfolg. Darauf geboten ihm die Engel, mit seiner Frau
und den beiden Töchtern, die noch bei ihnen lebten, die Stadt zu
verlassen. Aber Lot zögerte. Obwohl er täglich Gewalttaten mit an-
sehen mußte und darüber betrübt war, hatte er doch keine richtige
Vorstellung von der entwürdigenden, abscheulichen Gottlosigkeit,
die in dieser lasterhaften Stadt herrschte. Er begriff gar nicht, daß
hier die schreckliche Notwendigkeit vorlag, der Sünde durch ein
Gottesgericht Einhalt zu gebieten. Seine Kinder hingen an Sodom,
und seine Frau wollte nicht ohne sie gehen. Und der Gedanke, sein
Liebstes auf Erden, die Kinder, zurückzulassen, erschien auch Lot
unerträglich. Zudem fiel es ihm schwer, sein prachtvolles Wohnhaus
und all den Reichtum, den er sich im Laufe seines Lebens erarbeitet
hatte, aufzugeben und als mittelloser Wanderer fortzugehen. Von
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Kummer betäubt, zögerte er noch immer und konnte sich nicht zum
Aufbruch entschließen. Ohne Gottes Engel hätten sie alle in Sodom
ihren Untergang gefunden. Darum ergriffen die himmlischen Boten