Seite 162 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Patriarchen und Propheten
schäftigten ihn diese Dinge, so daß sie zum Hauptanliegen seines
Lebens wurden. Obwohl er also die ewigen Segnungen den zeit-
lichen vorzog, hatte er doch noch keine Erfahrung mit dem Gott
gemacht, den er verehrte. Ihm fehlte die Herzenserneuerung durch
Gottes Gnade. Er war überzeugt, daß sich die ihn betreffende Ver-
heißung nicht erfüllen könne, solange Esau an den Rechten des
Erstgeborenen festhielt. So überlegte er unausgesetzt, wie er in den
Besitz jener Segnungen kommen könnte, die seinem Bruder so un-
wichtig, ihm dagegen so kostbar erschienen.
Als Esau eines Tages ermattet und müde von der Jagd nach Hau-
se kam, bat er um die Speise, die Jakob eben zubereitete. Dieser
ergriff die Gelegenheit und erbot sich, den Hunger seines Bruders
um den Preis des Erstgeburtsrechtes zu stillen; denn der eine Ge-
danke bewegte ihn ja immer. „Siehe, ich muß doch sterben“, rief der
leichtsinnige, unbeherrschte Jäger, „was soll mir da die Erstgeburt?“
1.Mose 25,32
. Und für eine Schüssel Linsengericht gab er sein Erst-
geburtsrecht auf und bekräftigte diesen Handel mit einem Eid. In
Kürze hätte er im Zelt des Vaters bestimmt zu essen bekommen.
Aber um seinen Hunger im Augenblick zu stillen, verschleuderte
er gedankenlos das herrliche Erbe, das Gott den Vätern verheißen
hatte. Sein Denken gehörte eben der Gegenwart. So war er bereit,
himmlisches Gut für einen augenblicklichen Vorteil einzutauschen.
So verkaufte Esau seine Erstgeburt. Nachdem er sie veräußert
hatte, war ihm wohler. Jetzt hinderte ihn nichts mehr, zu tun und
zu lassen, was ihm gefiel. Wie viele verkaufen doch noch heute ge-
wissermaßen ihr Erstgeburtsrecht, den Anspruch auf ein unvergäng-
liches Erbe im Himmel um Vergnügen willen, die man fälschlich
Freiheit nennt!
Weil nur Äußerliches und Irdisches Anziehungskraft auf ihn aus-
übte, nahm sich Esau zwei Frauen von den Töchtern der Hethiter.
Diese verehrten falsche Götter, und ihr Götzendienst machte Isaak
und Rebekka bitteren Kummer. Esau hatte damit eine Bedingung des
Bundes verletzt, der die Heirat zwischen dem erwählten Volk und
den Heiden verbot. Dennoch hielt Isaak unerschütterlich an seinem
Entschluß fest, ihm das Erstgeburtsrecht zu übertragen. Weder Re-
bekkas überzeugende Gründe noch Jakobs starkes Verlangen nach
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dem Segen, oder gar Esaus Gleichgültigkeit gegen die Verpflich-