Seite 172 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Patriarchen und Propheten
ihrer Verbindung ist Unglück fürs ganze Leben. Wie oft leiden Frau
und Kinder unter der Gleichgültigkeit und Trägheit oder unter den
schlechten Gewohnheiten ihres Mannes und Vaters. Hätte man, wie
in alten Zeiten, den Bewerber vor der Heirat näher beobachtet, wäre
viel Unglück verhütet worden.
Sieben Jahre diente Jakob treu um Rahel, „und es kam ihm vor,
als wären‘s einzelne Tage, so lieb hatte er sie“.
1.Mose 29,20
. Aber
der habgierige Laban wollte solchen wertvollen Helfer natürlich
festhalten und scheute sich deshalb nicht vor einer grausamen Täu-
schung: er gab Jakob Lea anstelle Rahels. Die Tatsache, daß sich
Lea zu diesem Betrug bereit fand, war wohl der Grund, weshalb Ja-
kob sie nicht lieben konnte. Seinem entrüsteten Vorwurf begegnete
Laban mit dem Angebot, ihm nach weiteren sieben Dienstjahren
auch Rahel zu geben. Jedoch bestand der Vater darauf, daß Lea nicht
zurückgewiesen werden dürfe, weil das für die Familie Schande
bedeutet hätte. Jakob geriet in eine recht peinliche und bedrückende
Lage. Endlich entschloß er sich, Lea anzunehmen, aber auch Rahel
zu heiraten. Sie liebte er weiterhin am meisten. Leider erregte diese
Bevorzugung Neid und Eifersucht, so daß die Nebenbuhlerschaft
der Schwestern als Ehefrauen ihm das Leben verbitterte.
Zwanzig Jahre blieb Jakob in Mesopotamien und arbeitete für
Laban. Dieser beachtete die verwandtschaftlichen Beziehungen über-
haupt nicht und war nur darauf erpicht, Nutzen aus ihrer Verbindung
zu ziehen. Vierzehn mühselige Dienstjahre forderte er für beide
Töchter, und in der übrigen Zeit veränderte er Jakobs Lohn zehn-
mal. Trotzdem diente Jakob ihm fleißig und treu. In seiner letzten
Unterredung mit Laban schilderte er anschaulich, wie er sich mit
unermüdlicher Wachsamkeit den Belangen seines anspruchsvollen
Herrn gewidmet hatte: „Zwanzig Jahre bin ich bei dir gewesen, dei-
ne Schafe und Ziegen haben keine Fehlgeburt gehabt; die Widder
deiner Herde hab ich nie gegessen; was die wilden Tiere zerrissen,
brachte ich dir nicht, ich mußte es ersetzen; du fordertest es von
meiner Hand, es mochte mir des Tages oder des Nachts gestohlen
sein. Des Tages kam ich um vor Hitze und des Nachts vor Frost, und
kein Schlaf kam in meine Augen.“
1.Mose 31,38-40
.
Ein Hirt mußte seine Herden Tag und Nacht bewachen. Gefahr
drohte ihnen von Räubern und zahlreichen wilden Tieren, die oft
großen Schaden unter ihnen anrichteten, wenn nicht gewissenhaft