Seite 197 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Joseph in Ägypten
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zu lieben. Wie oft hatte er im Zelt seines Vaters von dessen Gesicht
gehört, das ihm geschenkt wurde, als er von zu Hause floh — nicht
mehr als ein verbannter Flüchtling. Der Vater hatte ihm von Gottes
Verheißungen und ihrer Erfüllung erzählt, wie in der Stunde der Not
Gottes Engel gekommen waren, ihn zu unterweisen, zu trösten und
zu schützen. Und so wußte er etwas von der Liebe Gottes, die einen
Erlöser für die Menschen vorgesehen hat. Plötzlich standen alle
diese kostbaren Belehrungen lebendig vor seinem geistigen Auge.
Joseph glaubte nun fest, daß der Gott seiner Väter auch sein Gott
sein werde. Darum verließ er sich zur Stunde ganz auf den Herrn
und betete, daß der Hüter Israels auch in der Verbannung mit ihm
sein möge.
Er war ganz durchdrungen von dem mutigen Entschluß, Gott
treu zu bleiben und sich unter allen Umständen so zu verhalten, wie
es sich für einen Diener des Königs der Himmel geziemte. Er wollte
dem Herrn mit ungeteiltem Herzen dienen, Prüfungen und Schick-
salsschlägen in seiner Lage standhaft begegnen und jede Pflicht treu
erfüllen. Das Erlebnis dieses einen Tages war zum Wendepunkt in
Josephs Leben geworden. Das furchtbare Elend hatte aus einem ver-
wöhnten Jüngling einen besonnenen, tapferen und selbstbewußten
Mann gemacht.
In Ägypten verkaufte man Joseph an Potiphar, den Hauptmann
der königlichen Leibwache, in dessen Dienst er zehn Jahre blieb.
Hier war er Versuchungen ungewöhnlicher Art ausgesetzt. Er lebte
mitten im Götzendienst. Die Anbetung der falschen Götter war mit
dem ganzen Pomp des Königshofes umgeben und wurde gestützt
von dem Reichtum und der Kultur des damals höchst zivilisierten
Volkes. Doch Joseph bewahrte seine Herzenseinfalt und Treue gegen
Gott. Wohin er auch blickte und was er auch hörte, überall umgab ihn
Verderbtheit. Aber er übersah und überhörte alles. Er beschäftigte
sich nicht mit unerlaubten Dingen. Und auch der Wunsch, vielleicht
die Gunst der Ägypter zu gewinnen, konnte ihn nicht dazu bewegen,
seine Grundsätze zu verheimlichen. Hätte er das getan, wäre er den
Verlockungen erlegen. Aber er schämte sich des Glaubens seiner
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Väter nicht und versuchte gar nicht erst zu verbergen, daß er ein
Anbeter Jahwes war.
„Und der Herr war mit Joseph, so daß er ein Mann wurde, dem
alles glückte ... Und sein Herr sah, daß der Herr mit ihm war; denn