Seite 20 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Patriarchen und Propheten
des Vaters gewesen. Nie zuvor war dessen gütige Herrschaft, die sich
segensreich auf alle auswirkte, die sich ihr unterordneten, in Frage
gestellt und die Eintracht des Himmels gestört worden. Warum sollte
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jetzt Zwietracht herrschen? Die Gott treu gesinnten Engel konnten
nur schreckliche Folgen aus diesem Zwiespalt erwachsen sehen.
Ernst und eindringlich rieten sie daher den Unzufriedenen, solche
Gedanken aufzugeben und in Gehorsam Gott die Treue zu halten.
Gott ertrug Luzifer lange und mit großer Gnade, wie es seinem
göttlichen Charakter entspricht. Der Geist der Unzufriedenheit war
bisher im Himmel unbekannt gewesen. Er war ein neues Element,
fremd, geheimnisvoll, unerklärlich. Luzifer kannte anfangs die wah-
re Natur seiner Gefühle selbst nicht. Eine Zeitlang hatte er sich
gescheut, solche Gedankengänge zu äußern. Aber er wies sie auch
nicht von sich. Er sah nicht, wohin er trieb. Mit unendlicher Liebe
und Weisheit wollte man ihn von seinem Irrtum überzeugen. Man
wies ihm die Grundlosigkeit seiner Unzufriedenheit nach und zeigte
ihm, welches die Folgen sein würden, wenn er in Empörung verharr-
te. Luzifer war von seinem Unrecht überzeugt. Er erkannte: „Der
Herr ist gerecht in allen seinen Wegen und gnädig in allen seinen
Werken.“
Psalm 145,17
. Er empfand, daß die göttlichen Gesetze
gerecht sind und er das vor dem gesamten Himmel bekennen sollte.
Hätte er es getan, hätte er sich und viele Engel retten können. Zu der
Zeit gab er seine Gehorsamspflicht Gott gegenüber noch nicht völlig
auf. Obgleich er seine Stellung als deckender Cherub verließ, hätte
er wieder in sein Amt eingesetzt werden können, wenn er nur bereit
gewesen wäre, zu Gott zurückzukehren und des Schöpfers Weisheit
anzuerkennen. Wäre er doch damit zufrieden gewesen, den Platz
auszufüllen, der ihm in Gottes großem Plan zugewiesen worden
war! Nun war die Zeit für eine endgültige Entscheidung gekommen.
Entweder mußte er Gottes Oberhoheit uneingeschränkt anerkennen
oder sich in offener Empörung gegen ihn erheben. Er kam fast zu
dem Entschluß, zurückzukehren; aber Stolz verbot es ihm. Es war
ein zu großes Opfer für jemanden, der so hoch geehrt worden war, zu
bekennen, daß er sich geirrt hatte, daß seine Vorstellungen verkehrt
gewesen waren, und sich der Autorität zu beugen, die er selbst als
ungerecht hatte darstellen wollen.
Der mitfühlende Schöpfer suchte in herzlichem Erbarmen Lu-
zifer und seine Anhänger von dem Abgrund des Verderbens zu-