Seite 266 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Patriarchen und Propheten
daß ihre erzwungene Unterwerfung unter den Gott Israels sie zum
Gespött anderer Völker werden ließ. Traten sie aber jetzt mit einer
großen Zurschaustellung ihrer Stärke auf und brachten die Flüch-
tigen zurück, war nicht nur ihre Ehre gerettet, sie hatten auch die
Dienste ihrer Sklaven wieder.
Die Hebräer lagerten am Meer, dessen Wasser ein scheinbar
unüberwindliches Hindernis vor ihnen bildete, während im Süden
ein zerklüfteter Gebirgszug ihren Vormarsch versperrte. Plötzlich
gewahrten sie in der Ferne blitzende Waffen und rollende Wagen,
die Vorhut eines großen Heeres. Bei dessen Näherrücken erkannte
man, daß die gesamte ägyptische Streitmacht zur Verfolgung auf-
gebrochen war. Entsetzen ergriff die Israeliten. Einige schrien zum
Herrn, aber die meisten liefen zu Mose und beklagten sich: „Waren
nicht Gräber in Ägypten, daß du uns wegführen mußtest, damit wir
in der Wüste sterben? Warum hast du uns das angetan, daß du uns
aus Ägypten geführt hast? Haben wir‘s dir nicht schon in Ägypten
gesagt: Laß uns in Ruhe, wir wollen den Ägyptern dienen? Es wäre
besser für uns, den Ägyptern zu dienen, als in der Wüste zu sterben.“
2.Mose 14,11.12
.
Mose war zutiefst darüber bekümmert, daß sein Volk so wenig
Glauben an Gott bekundete, obgleich es wiederholt seine Macht
zum eigenen Wohle erlebt hatte. Wie konnten die Israeliten ihm das
Wagnis und die Schwierigkeiten ihrer Lage vorwerfen, wenn er doch
dem ausdrücklichen Befehl Gottes gefolgt war? Gewiß, wenn nicht
Gott selbst zu ihrer Errettung eingriff, gab es keine Möglichkeit des
Entrinnens. Aber weil sie erst, indem sie Gottes Auftrag befolgt
hatten, in diese Lage gekommen waren, verspürte Mose auch keine
Furcht vor deren Folgen. Ruhig und zuversichtlich erwiderte er dem
Volk: „Fürchtet euch nicht, stehet fest und sehet zu, was für ein Heil
der Herr heute an euch tun wird. Denn wie ihr die Ägypter heute
seht, werdet ihr sie niemals wiedersehen. Der Herr wird für euch
streiten, und ihr werdet stille sein.“
2.Mose 14,13.14
.
Es war keine Kleinigkeit, Israels Scharen in Erwartung der Hilfe
des Herrn ausharren zu lassen. Weil es ihnen an Zucht und Selbstbe-
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herrschung fehlte, wurden sie erregt und unvernünftig. Sie rechneten
damit, bald wieder in die Hände ihrer Bedrücker zu fallen. Deshalb
jammerten und klagten sie laut und anhaltend. Der wunderbaren
Wolkensäule, dem Gotteszeichen, das sie vorwärts gehen hieß, wa-