Seite 273 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Vom Roten Meer zum Sinai
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sie einige Tage, ehe sie in die Wüste Sin kamen. Nachdem sie etwa
einen Monat zuvor Ägypten verlassen hatten, schlugen sie ihr Lager
erstmals in der Wüste auf. Ihre Lebensmittelvorräte gingen nun zur
Neige. Und weil sie nur kärgliche Weide fanden, nahmen die Herden
ab. Wie sollte man jetzt für diese unübersehbare Menge Nahrung
beschaffen? Zweifel stieg in ihnen auf, und wieder murrten die Kin-
der Israel. Selbst die Obersten und Ältesten des Volkes stimmten in
die Klage gegen die von Gott berufenen Führer ein: „Wollte Gott,
wir wären in Ägypten gestorben durch des Herrn Hand, als wir bei
den Fleischtöpfen saßen und hatten Brot die Fülle zu essen. Denn
ihr habt uns dazu herausgeführt in diese Wüste, daß ihr diese ganze
Gemeinde an Hunger sterben laßt.“
2.Mose 16,3
.
Dabei hatten sie noch gar keinen Hunger gelitten. Für ihren au-
genblicklichen Bedarf war gesorgt; sie fürchteten nur die Zukunft.
Sie konnten nicht begreifen, wie diese riesige Volksmenge auf ihrer
Wanderung durch die Wüste leben sollte, und in ihrer Phantasie
sahen sie schon ihre Kinder an Hunger sterben. Der Herr ließ zu, daß
sie tatsächlich in mißliche Lagen kamen und die Lebensmittel knapp
wurden, damit sie sich ihm zuwenden würden, der bis dahin ihr
Erretter gewesen war. Hätten sie Mangel und riefen ihn an, würde er
ihnen noch deutliche Zeichen seiner Liebe und Fürsorge gewähren.
Er hatte ja verheißen, daß keine Krankheit über sie kommen sollte,
wenn sie seinen Geboten gehorchten. Deshalb war es sündiger Un-
glaube, von vornherein anzunehmen, ihre Kinder könnten Hungers
sterben.
Der Herr hatte verheißen, ihr Gott zu sein, sie als sein Volk zu er-
halten und sie in ein großes, gutes Land zu bringen. Aber bei jedem
Hindernis auf dem Wege dahin wurden sie mutlos. Dabei hatte er sie
auf wunderbare Weise von ihrer Knechtschaft in Ägypten befreit,
um sie zu erheben und zum Lobe auf Erden zu machen. Aber zuvor
mußten sie Schwierigkeiten begegnen und Entbehrungen ertragen
lernen. Gott befreite sie ja aus der Erniedrigung, damit sie fähig
würden, einen ehrenvollen Platz unter den Völkern einzunehmen
und bedeutsame, heilige Pflichten zu übernehmen. Hätten sie ihm
im Hinblick auf all das, was er für sie getan hatte, geglaubt, würden
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sie Unbequemlichkeit und selbst wirkliches Leiden mutig ertragen
haben. Aber sie vermochten dem Herrn nur so weit zu trauen, wie
sie die dauernden Beweise seiner Kraft erlebten. Sie vergaßen ihren