Seite 30 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Patriarchen und Propheten
Gleich am Anfang des menschlichen Daseins legte Gott der Selbst-
sucht, jener unheilvollen Leidenschaft, die Satan zu Fall brachte, ein
Hindernis in den Weg. Der Baum der Erkenntnis, der nicht weit vom
Lebensbaum mitten im Garten stand, sollte für unsere ersten Eltern
ein Prüfstein ihres Gehorsams, ihres Glaubens und ihrer Liebe sein.
Während sie von allen anderen Bäumen ungehindert essen durften,
war es ihnen bei Todesstrafe verboten, von diesem auch nur zu ko-
sten. Sie sollten auch der Verführung durch Satan ausgesetzt sein.
Wenn sie aber der Versuchung widerständen, würden sie schließlich
seiner Macht entzogen werden und sich auf ewig der Gnade Gottes
erfreuen dürfen.
Gott stellte den Menschen unter das Gesetz, das war die uner-
läßliche Bedingung seines Daseins. Er war Untertan der Herrschaft
Gottes, und kein Reich kann ohne Gesetz bestehen. Gott konnte den
Menschen so erschaffen, daß er unfähig gewesen wäre, sein Ge-
setz zu übertreten. Er hätte Adams Hand von der verbotenen Frucht
zurückhalten können. Aber dann wäre der Mensch kein freies, sitt-
lich handelndes Wesen, sondern nur ein Automat. Ohne die Freiheit
der Wahl wäre sein Gehorsam erzwungen und eine Charakterent-
wicklung unmöglich gewesen. Das aber würde Gottes Art, mit den
Bewohnern der Welten umzugehen, widersprochen haben. Es wäre
des Menschen als eines begabten Wesens unwürdig gewesen und
hätte Satans Vorwurf unterstützt, Gott führe eine Willkürherrschaft.
Gott erschuf den Menschen aufrichtig. Er verlieh ihm edle Cha-
rakterzüge ohne Neigung zum Bösen. Er rüstete ihn mit hohen Gei-
steskräften aus und bot ihm allen erdenklichen Ansporn zur Treue.
Uneingeschränkter, lebenslanger Gehorsam war die Bedingung für
ewige Glückseligkeit. Unter dieser Voraussetzung sollte der Mensch
Zugang zum Baum des Lebens haben.
Das Heim unserer ersten Eltern sollte deren Kindern als Vorbild
dienen, wenn sie hinausgingen, die Erde in Besitz zu nehmen. Jenes
Zuhause, das Gott mit eigener Hand schmückte, war kein pracht-
volles Gebäude. Die Menschen sind oft stolz auf die prächtigen,
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kostspieligen Paläste und rühmen sich ihrer Leistungen. Gott aber
setzte Adam in einen Garten; der war seine Wohnung. Der Himmel
war das Dach dieser Wohnung, die Erde mit ihren zarten Blumen ihr
Teppich von lebendigem Grün und die belaubten Zweige der stattli-
chen Bäume ihr Baldachin. Ihre Wände waren mit dem herrlichsten