Seite 342 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Patriarchen und Propheten
die Fürsten Israels, auf den Berg steigen durfte, um Gemeinschaft
mit Gott zu pflegen und im Licht seiner Herrlichkeit zu verweilen.
Niemand meine, Gott werde um solcher Auszeichnung willen eine
Missetat nicht so streng bestrafen. Das wäre ein verhängnisvoller
Irrtum. Wer großes Wissen und viele Vorzüge empfing, von dem
werden, seiner Erkenntnis entsprechend, Tugend und Frömmigkeit
erwartet. Geringeres kann Gott nicht annehmen. Segnungen oder
Vorrechte sollten niemals zu sorgloser Sicherheit oder zu größerer
Freizügigkeit der Sünde gegenüber verleiten, etwa weil die Emp-
fänger solcher Vorzüge meinen, daß Gott es mit ihnen nicht genau
nähme. Alle Vorzüge, die Gott gewährt, sind nichts anderes als seine
Mittel und Wege, uns eifriger und williger zum Dienst zu machen
und uns damit die Kraft zur Ausführung seines heiligen Willens zu
schenken.
Nadab und Abihu waren in der Jugend nicht an Selbstbeherr-
schung gewöhnt worden. Des Vaters weiche Gemütsart und seine
fehlende Entschlossenheit dem Unrecht gegenüber hatten ihn dazu
verleitet, die Erziehung der Kinder zu vernachlässigen. Stets durften
seine Söhne ihren Neigungen folgen. Wer jedoch über lange Zeit
hin gewohnt ist, sich gehen zu lassen, wird schließlich so weit davon
beherrscht, daß nicht einmal die Verantwortung für den heiligsten
Dienst davon frei machen kann. So waren sie nicht unterwiesen
worden, die Autorität ihres Vaters zu achten, und erkannten nicht
die Notwendigkeit, Gottes Forderungen gewissenhaft zu befolgen.
Durch Aarons verfehlte Nachsicht gegenüber seinen Söhnen verfie-
len sie dem Gericht Gottes desto leichter.
Gott wollte das Volk darüber belehrt wissen, daß es ihm mit
Scheu und Ehrerbietung und in der von ihm selbst angeordneten
Weise nahte. Er kann keinen teilweisen Gehorsam gelten lassen.
Es genügte auch nicht, daß bei all den feierlichen Gottesdiensten
beinahe alles so geschah, wie er es befohlen hatte. Gott hatte Strafe
angekündigt für alle, die von seinen Geboten abwichen und keinen
Unterschied zwischen alltäglichen und heiligen Dingen machten.
Durch den Mund des Propheten sagt er: „Weh denen, die Böses
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gut und Gutes böse nennen, die aus Finsternis Licht und aus Licht
Finsternis machen ...! Weh denen, die weise sind in ihren eigenen
Augen und halten sich selbst für klug! Weh denen ..., die den Schul-
digen gerecht sprechen für Geschenke und das Recht nehmen denen,