Seite 380 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Patriarchen und Propheten
verleihen möge. Sie zogen aus mit der verzweifelten Absicht, ihr
Schicksal zu wenden oder im Kampf zu sterben. Obwohl kriegsunge-
wohnt, waren sie doch eine riesige Menge bewaffneter Männer; und
sie hofften, den Gegner mit einem plötzlichen ungestümen Angriff
zu überwältigen. Vermessen forderten sie den Feind heraus, der es
nicht gewagt hatte, sie anzugreifen.
Die Kanaaniter hatten auf einer felsigen Hochebene Aufstel-
lung genommen, die man nur in steilem, gefährlichem Aufstieg
über beschwerliche Pässe erreichen konnte. Die ungeheure Zahl
der Hebräer mußte ihre Niederlage nur um so furchtbarer machen.
Langsam wanden sie sich durch die Bergpfade und setzten sich dabei
den tödlichen Wurfgeschossen ihrer Feinde über ihnen aus. Schwere
Felsblöcke donnerten herab und bezeichneten den Weg mit dem Blut
der Erschlagenen. Die den Gipfel erreichten, noch vom Aufstieg
erschöpft, wurden ungestüm angegriffen und unter großen Verlusten
zurückgeworfen. Der Kampfplatz war von den Leibern der Toten
übersät. Israels Heer war vollständig geschlagen. Vernichtung und
Tod waren die Folgen jenes aufrührerischen Versuchs.
Schließlich waren die Überlebenden zur Aufgabe gezwungen.
Als sie wiederkamen und dem Herrn ihr Leid klagten, „wollte der
Herr eure Stimme nicht hören“.
5.Mose 1,45
. Der überraschende
Sieg gab Israels Feinden, die bis dahin das Herannahen des mächti-
gen Heeres voller Furcht erwartet hatten, das Selbstvertrauen zurück.
Sie hielten nun alle Erzählungen von den erstaunlichen Dingen,
die Gott für sein Volk getan hatte, für erlogen und glaubten, kei-
nen Grund mehr zur Furcht zu haben. Mit dieser ersten Niederlage
Israels hatten die Schwierigkeiten der Eroberung außerordentlich
zugenommen, weil sie den Kanaanitern Mut und Entschlossenheit
einflößte. Es blieb Israel nichts anderes übrig, als vor den siegreichen
Feinden in die Wüste zurückzuweichen in dem Bewußtsein, daß sie
das Grab einer ganzen Generation werden würde.
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