Seite 441 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Der Abfall am Jordan
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Während sie am Jordan lagerten, bereitete Mose die Einnah-
me Kanaans vor. Er wurde von dieser Aufgabe voll und ganz in
Anspruch genommen. Für das Volk dagegen war diese Zeit der
Untätigkeit und Erwartung schwer zu ertragen; und schon nach we-
nigen Wochen hatte es seine Geschichte mit den erschreckendsten
moralischen Verfallserscheinungen verunglimpft.
Anfangs bestand nur wenig Verbindung zwischen den Israeliten
und ihren heidnischen Nachbarn; aber nach einiger Zeit schlichen
sich midianitische Frauen ins Lager. Ihr Erscheinen verursachte
zunächst keinerlei Beunruhigung, denn sie führten ihre Pläne so
unauffällig aus, daß nicht einmal Mose aufmerksam wurde. Es war
das Ziel dieser Frauen, Verbindung mit den Hebräern zu suchen, um
sie zur Übertretung des göttlichen Gesetzes zu verleiten. Sie wollten
auf ihre heidnischen Bräuche und Gewohnheiten aufmerksam ma-
chen und zur Abgötterei verführen. Dabei wurden diese Absichten
sorgfältig unter dem Deckmantel der Freundschaft verborgen, so daß
auch die Schutzwachen des Volkes keinen Verdacht schöpften.
Auf Bileams Anregung veranstaltete der König der Moabiter
ein großes Fest zu Ehren ihrer Götter. Heimlich wurde verabredet,
daß Bileam die Israeliten veranlassen sollte, daran teilzunehmen. Da
sie ihn für einen Propheten Gottes hielten, fiel es ihm nicht schwer,
seine Absicht zu erreichen. Viele schlossen sich ihm an, um die
Festlichkeiten mitzuerleben.
Aber damit wagten sie sich auf ein von Gott verbotenes Ge-
biet und wurden bald in Satans Schlingen verstrickt. Bezaubert von
Musik und Tanz und angelockt von der Schönheit der heidnischen
Priesterinnen, brachen sie Jahwe die Treue. Bei gemeinsamer Fröh-
lichkeit und Schwelgerei umnebelte der Weingenuß bald ihre Sinne
und riß alle Schranken der Selbstbeherrschung nieder. Leidenschaft
überwältigte sie, und nachdem sie einmal ihr Gewissen durch Un-
zucht besudelt hatten, konnte man sie auch überreden, sich vor Göt-
zenbildern zu beugen. Sie opferten auf heidnischen Altären und
beteiligten sich an den entwürdigendsten Bräuchen.
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Es dauerte nicht lange, bis sich das Gift wie eine tödliche Seuche
im ganzen Lager ausbreitete. Sie, die ihre Feinde auf dem Schlacht-
feld besiegt hätten, wurden von der List heidnischer Frauen über-
wunden. Das Volk schien wie verzaubert. Zu den ersten, die schuldig
wurden, gehörten Oberste und führende Männer, und aus dem Volk