Seite 554 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Patriarchen und Propheten
zu finden, den Leichnam des gefallenen Helden „und brachten ihn
hinauf und begruben ihn im Grab seines Vaters Manoah zwischen
Zora und Eschtaol“.
Richter 16,28-31
.
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Gottes Verheißung, Simson würde „anfangen, Israel zu erretten
aus der Hand der Philister“ (
Richter 13,5
), hatte sich erfüllt. Aber
wie düster und schrecklich ist die Lebensgeschichte dieses Mannes,
der Gott zum Ruhm und zur Verherrlichung seines Volkes hätte
dienen können! Wäre er seiner göttlichen Berufung treu geblieben,
hätte Gott ihn dadurch ehren können, daß er seine Absichten durch
ihn, Simson, verwirklichte. Aber er erlag den Versuchungen und
erwies sich des Vertrauens nicht würdig. So endete seine Sendung
mit Niederlage, Frondienst und Tod.
Körperlich war Simson der stärkste Mensch auf Erden; aber
an Selbstbeherrschung, Rechtschaffenheit und Standhaftigkeit ge-
hörte er zu den schwächsten. Viele halten starke Leidenschaften
irrtümlich für Zeichen eines großen Charakters. In Wahrheit ist der
unbeherrschte Mensch ein Schwächling. Wahre Größe läßt sich an
der Stärke der Gefühle messen, die er beherrscht, nicht an der Stärke
der Gefühle, die ihn beherrschen.
Gottes Fürsorge hatte über Simson gewaltet, damit er für die
Aufgabe vorbereitet war, zu der er berufen wurde. In der Kindheit
umgaben ihn Verhältnisse, die die Voraussetzung für Körper- und
Geisteskräfte und sittliche Reinheit schufen. Aber unter dem Einfluß
schlechter Kameraden ließ er seinen einzigen Schutz, den Halt an
Gott, los, und so wurde er von der Flut des Bösen mit fortgerissen.
Auch der Pflichttreue wird in Versuchung geraten, aber er kann
gewiß sein, daß Gott ihn bewahrt. Wer sich dagegen freiwillig in
Versuchung begibt, wird früher oder später zu Fall kommen.
Gerade bei denen, die Gott als seine Werkzeuge für besondere
Aufgaben benutzen möchte, wendet Satan alle Verführungskünste
an. Er greift stets an unseren schwachen Stellen an, um durch cha-
rakterliche Mängel die Herrschaft über den ganzen Menschen zu
gewinnen; und er weiß, daß es ihm damit gelingen wird. Aber nie-
mand muß sich überwinden lassen. Der Mensch steht im Kampf
gegen die Macht des Bösen nicht allein mit seinen schwachen Kräf-
ten. Es ist Hilfe für jeden vorhanden, der es ehrlich meint. Gottes
auf- und niedersteigende Engel, die Jakob im Traume sah, werden
allen, die es wollen, helfen, die höchsten Höhen zu erreichen.
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