Seite 566 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Patriarchen und Propheten
Hause versagen, geraten durch ihr Beispiel viele auf Abwege. Ihre
Schuld ist wesentlich größer, weil sie mehr Verantwortung tragen.
Dem Hause Aarons war verheißen worden, daß es immerdar
vor Gott wandeln würde. Aber an diese Zusage war die Bedingung
geknüpft, daß es sich dem Dienst am Heiligtum aufrichtig und un-
eigennützig widmete, Gott auf allen Wegen ehrte und nicht bösen
Neigungen folgte. Eli und seine Söhne hatten sich zu bewähren, aber
der Herr hielt sie der hohen Stellung als Priester in seinem Dienst für
ganz und gar unwürdig. Er sagte: „Das sei ferne von mir!“
1.Samuel
2,30
. Er konnte das Gute das er durch sie zu tun beabsichtigte, nicht
verwirklichen, weil sie ihr Teil dazu nicht beitrugen.
Wer im heiligen Amt steht, sollte durch sein Beispiel den Men-
schen Ehrfurcht vor Gott abnötigen, daß sie sich scheuen, ihn zu
erzürnen. Wer „an Christi Statt“ (
2.Korinther 5,20
) Gottes Gnaden-
botschaft der Versöhnung verkündigt, seine heilige Berufung aber als
Deckmantel für selbstsüchtige, irdische Zwecke mißbraucht, wird
zum tatkräftigsten Helfer Satans. Wie Hophni und Pinhas geben
sie den Menschen Anlaß, daß „sie das Opfer des Herrn verachten“.
Eine Zeitlang mögen sie ihren schlechten Wandel geheimhalten
können; aber wird schließlich ihr wahrer Charakter einmal offenbar,
erschüttert es das Vertrauen der Menschen oft derart, daß sie den
Glauben überhaupt verlieren. Es bleibt ein Mißtrauen gegen alle zu-
rück, die vorgeben, Gottes Wort zu verkündigen. Sie begegnen auch
der Botschaft eines aufrichtigen Dieners Christi nur mit Zweifel.
Ständig erhebt sich für sie die Frage: „Wird dieser Mann nicht jenem
gleichen, den wir für geheiligt hielten und dann als so verdorben
erkannten?“ So verliert Gottes Wort bei solchen Menschen seine
Überzeugungskraft.
Eli wies seine Söhne schließlich mit ernsten, besorgten Wor-
ten zurecht, die alle Diener im heiligen Amt gut bedenken sollten:
„Wenn jemand gegen einen Menschen sündigt, so kann es Gott
entscheiden. Wenn aber jemand gegen den Herrn sündigt, wer soll
es dann für ihn entscheiden?“
1.Samuel 2,25
. Hätten sie mit ih-
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ren Untaten nur ihre Mitmenschen geschädigt, konnte der Richter
sie aussöhnen, indem er eine Strafe festsetzte und Wiedergutma-
chung verlangte; so wäre den Schuldigen verziehen worden. Lag
kein absichtliches Vergehen vor, konnten sie ein Sündopfer für sich
darbringen. Aber ihre Schuld war mit dem Opferdienst als Priester