Seite 581 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Die Prophetenschulen
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wollte und Weisheit von oben erstrebte, um vielleicht ein Lehrer in
Israel zu werden. Samuel war es, der diese Schulen als Schutzwehr
gegen die weit-verbreitete Verderbnis gründete. Er sorgte für das
sittliche und geistliche Wohlergehen der Jugend und damit für das
künftige Glück des ganzen Volkes, wenn er fähige, gottesfürchtige
Männer als Führer und Ratgeber heranbildete. Dazu wählte Samuel
Gruppen von jungen Männern aus, die fromm, begabt und fleißig
waren. Man nannte sie Prophetenjünger. Durch die enge Verbindung
mit Gott und beim Studium seines Wortes und seiner Werke empfin-
gen sie zu ihrer natürlichen Begabung Weisheit von oben. Die Lehrer
waren nicht nur mit der göttlichen Wahrheit wohl vertraut, sie stan-
den selbst in Gemeinschaft mit Gott und hatten die besondere Gabe
seines Geistes empfangen. Sie genossen wegen ihrer Gelehrsamkeit
und Frömmigkeit Achtung und Vertrauen im ganzen Volk.
Zur Zeit Samuels gab es zwei dieser Schulen, eine in Rama, der
Heimat des Propheten, die andere in Kirjath-Jearim, wo damals die
Bundeslade stand. Später kamen noch andere hinzu.
Die Schüler bestritten ihren Lebensunterhalt selbst durch Landar-
beit oder ein Handwerk. Das war für die Israeliten weder befremdlich
noch erniedrigend; man sah es geradezu als Frevel an, Kinder ohne
Kenntnis nützlicher Arbeit aufwachsen zu lassen. Auf göttlichen
Befehl erlernte jedes Kind irgendeinen Beruf, selbst wenn es für
den Dienst am Heiligtum bestimmt war. Auch viele gottesfürchtige
Lehrer lebten von ihrer Hände Arbeit. Und noch zur Zeit der Apo-
stel waren Paulus und Aquila nicht weniger geachtet, weil sie ihren
Lebensunterhalt durch die Zelttuchweberei verdienten.
Die wichtigsten Lehrfächer an diesen Schulen waren das Gesetz
Gottes, die Mose gegebenen Unterweisungen, heilige Geschichte,
geistliche Dichtung und Musik. Die Unterrichtsart unterschied sich
aber wesentlich von der an heutigen theologischen Schulen, an de-
nen viele Schüler wohl Prüfungen ablegen, sie aber mit geringerer
Erkenntnis über Gott und religiöse Wahrheit verlassen, als sie vorher
besaßen. An jenen Schulen in alter Zeit war das wichtigste Ziel allen
Studierens, Gottes Willen und die Pflichten der Menschen ihm ge-
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genüber kennenzulernen. In den Berichten der heiligen Geschichte
ließen sich die Spuren Jahwes verfolgen. Man erklärte ihnen die
großen, in Sinnbildern dargestellten Wahrheiten, und im Glauben