Seite 605 - Patriarchen und Propheten (1999)

Basic HTML-Version

Sauls Vermessenheit
601
Die Philister hatten eine ungeheure Streitmacht bei Michmas ver-
sammelt, „dreitausend Wagen, sechstausend Gespanne und Fußvolk,
so viel wie Sand am Ufer des Meeres“.
1.Samuel 13,5
. Als Saul und
sein Heer bei Gilgal davon hörten, erschraken sie bei dem Gedanken,
solcher gewaltigen Übermacht im Kampf begegnen zu müssen. Dar-
auf waren sie nicht vorbereitet. Viele wurden dermaßen ängstlich,
daß sie es nicht einmal auf einen Versuch zum Gefecht ankommen
lassen wollten. Einige gingen über den Jordan, andere versteckten
sich in Höhlen und zwischen den vielen Felsen jener Gegend. Als die
Zeit des Treffens heranrückte, wuchs die Zahl der Fahnenflüchtigen
rasch, und die nicht davonliefen, waren von schlimmen Ahnungen
und Entsetzen erfüllt.
Als Saul zum König gesalbt wurde, hatte ihm Samuel ganz aus-
drücklich geboten, wie er sich bei dieser Gelegenheit zu verhalten
hätte. „Du sollst aber vor mir hinabgehen nach Gilgal; siehe, da will
ich zu dir hinabkommen, um Brandopfer und Dankopfer zu opfern.
Sieben Tage sollst du warten, bis ich zu dir komme und dir kundtue,
was du tun sollst.“
1.Samuel 10,8
.
Saul wartete Tag um Tag. Er gab sich jedoch keine große Mühe,
das Volk zu ermutigen und ihm Gottvertrauen einzuflößen. Noch ehe
die vom Propheten festgesetzte Frist ganz verstrichen war, packte ihn
die Ungeduld über die Verzögerung; er wurde durch die schwierige
Lage selber mutlos. Statt seine Leute gewissenhaft auf den Gottes-
dienst vorzubereiten, den Samuel mit ihnen halten wollte, hing er
ungläubig trüben Ahnungen nach. Gott beim Opferdienst zu suchen,
war eine sehr ernste und wichtige Aufgabe. Er erwartete von seinem
Volk Selbstprüfung und Reue über ihre Sünden, damit er das Opfer
annehmen konnte und sein Segen ihre Anstrengungen begleitete,
wenn es den Feind zu besiegen galt. Aber Saul war unruhig gewor-
den, und das Volk schaute auf ihn als König, den es sich zu seiner
Führung erwählt hatte, anstatt Hilfe von Gott zu erwarten.
Doch der Herr sorgte weiter für sie und gab sie nicht dem Un-
glück preis, das zweifellos über sie gekommen wäre, wenn sie sich
nur auf ihre eigene schwache Kraft verlassen hätten. Er ließ sie
[603]
in Bedrängnis kommen, damit sie einsähen, wie töricht es ist, sich
auf Menschen zu verlassen, und sich nicht an ihn als ihre einzige
Hilfe zu wenden. Für Saul war die Zeit der Bewährung gekommen.
Jetzt mußte sich zeigen, ob er Gott vertraute und geduldig auf des-