Seite 606 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Patriarchen und Propheten
sen Befehl wartete. Er mußte beweisen, ob Gott ihn als Herrscher
seines Volkes auf schwierige Plätze stellen konnte, oder ob er, ein
schwankender Mensch, der ihm übertragenen heiligen Verantwor-
tung unwürdig war. Hörte der König, den sich Israel erwählte, auf
den König aller Könige? Würde er seine verzagten Krieger auf den
Einen hinweisen, bei dem allezeit Stärke und Rettung ist?
Mit wachsender Ungeduld erwartete er Samuels Ankunft. Er
machte den ausbleibenden Propheten für die Verwirrung und Auf-
lösung seines Heeres verantwortlich. Die festgesetzte Zeit kam,
aber der Mann Gottes erschien nicht. Gottes Vorsehung hatte seinen
Diener aufgehalten. Nun konnte sich Saul in seiner Unruhe und Er-
regung nicht länger beherrschen. Es mußte irgend etwas geschehen,
um die Furcht der Leute zu beschwichtigen, und so entschloß er
sich, alle zum Gottesdienst zusammenzurufen und mit einem Opfer
Gottes Hilfe zu erbitten. Gott hatte bestimmt, daß nur für dieses
Amt Geweihte das tun durften. Aber Saul befahl: „Bringt mir her
das Brandopfer!“ Wie er war, in seiner Waffenrüstung, ging er zum
Altar und opferte.
„Als er aber das Brandopfer vollendet hatte, siehe, da kam Sa-
muel. Da ging Saul ihm entgegen, um ihm den Segensgruß zu ent-
bieten.“
1.Samuel 13,9.10
. Samuel sah sofort, daß Saul gegen die
ausdrücklichen Anweisungen gehandelt hatte. Der Herr hatte durch
seinen Propheten gesagt, daß er zu dieser Zeit kundtun würde, was
Israel in seiner schwierigen Lage tun sollte. Wenn Saul die Bedin-
gungen erfüllt hätte, von denen Gottes Hilfe abhing, würde der Herr
mit den wenigen Getreuen, die beim König geblieben waren, Israel
auf wunderbare Weise befreit haben. Aber Saul war von sich und
seiner Tat so überzeugt, daß er dem Propheten begegnete wie einer,
der eher Lob als Tadel verdient hat.
Samuels Gesicht verriet Unruhe und Sorge, aber auf seine Frage:
„Was hast du getan?“ rechtfertigte Saul seine Vermessenheit: „Ich
sah, daß das Volk von mir wegzulaufen begann, und du kamst nicht
zur bestimmten Zeit, während doch die Philister sich schon in Mich-
mas versammelt hatten. Da dachte ich: Nun werden die Philister zu
mir herabkommen nach Gilgal, und ich habe die Gnade des Herrn
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noch nicht gesucht; da wagte ich‘s und opferte Brandopfer.“
„Samuel aber sprach zu Saul: Du hast töricht gehandelt und nicht
gehalten das Gebot des Herrn, deines Gottes, das er dir geboten hat.