Seite 608 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Patriarchen und Propheten
schicken. Gelänge es ihm, dem Volk dadurch Vertrauen einzuflößen,
dann, so hoffte er, könnte er sein zerstreutes Heer wieder sammeln
und den Philistern eine Schlacht liefern. Er würde auch ohne Samu-
els Anwesenheit und Unterstützung fertig werden und von dessen
unerwünschten Vorwürfen und Zurechtweisungen verschont bleiben.
Um seinen Verstand zu erleuchten und sein Gemüt zu besänfti-
gen, war der Heilige Geist auf Saul gekommen. Wie gewissenhaft
hatte der Prophet ihn belehrt und zurechtzubringen versucht! Und
wie halsstarrig blieb er trotzdem! Die Geschichte des ersten Königs
von Israel ist ein trauriges Beispiel für den Einfluß früh angenomme-
ner schlechter Gewohnheiten. In jungen Jahren liebte und fürchtete
er Gott nicht. Und die ihm eigene Heftigkeit hatte er schon in der
Kindheit nicht zu unterdrücken gelernt. Stets neigte er dazu, sich
gegen Gottes Autorität aufzulehnen. Wer in der Jugend ehrfürchtig
auf den Willen Gottes achtet und es mit seinen Berufspflichten ernst
nimmt, wird für spätere höhere Stellungen vorbereitet sein. Aber nie-
mand kann die von Gott verliehenen Kräfte jahrelang mißbrauchen
und meinen, daß diese Fähigkeiten noch frisch und unverdorben sind,
wenn er plötzlich einen ganz entgegengesetzten Weg einschlagen
möchte.
Sauls Bemühungen, das Volk aufzurütteln, erwiesen sich als
nutzlos. Seine Streitmacht war bis auf sechshundert Mann zusam-
mengeschmolzen, und so verließ er Gilgal und zog sich in die Fe-
stung Gibea zurück, die sie jüngst den Philistern weggenommen
hatten. Sie lag nur wenige Kilometer nördlich von Jerusalem und
war an der Südseite von einem tiefen, ebenen Tal, einer Art Schlucht,
begrenzt. An deren Nordseite bei Michmas lagerte die Streitmacht
der Gegner, während einzelne Scharen in verschiedenen Richtungen
umherzogen und das Land plünderten.
Gott ließ es zu einer Krise kommen, um Sauls Eigensinn zu
bestrafen und sein Volk Demut und Glauben zu lehren. Saul hatte
mit seinem vermessenen Opfer gesündigt, darum verwehrte ihm der
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Herr den Siegesruhm über die Philister. Jonathan, der gottesfürchtige
Sohn des Königs, war zur Befreiung Israels ausersehen. Durch gött-
liche Eingebung schlug er seinem Waffenträger vor, einen geheimen
Angriff auf das feindliche Lager zu unternehmen. „Vielleicht“, sagte
er, „wird der Herr etwas für uns tun, denn es ist dem Herrn nicht
schwer, durch viel oder wenig zu helfen.“
1.Samuel 14,6
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