Seite 634 - Patriarchen und Propheten (1999)

Basic HTML-Version

630
Patriarchen und Propheten
König Saul entgegen unter Jauchzen, mit Pauken und mit Zimbeln“.
Eine Gruppe sang: „Saul hat tausend erschlagen“, eine andere nahm
die Weise auf und antwortete: „aber David zehntausend“. Da ergriff
dämonische Eifersucht das Herz des Königs. Er wurde böse, weil
Israels Frauen in ihrem Lied David über ihn stellten. Statt diese
Neidgefühle zu unterdrücken, offenbarte er seine ganze Charakter-
schwäche mit den Worten: „Sie haben David zehntausend gegeben
und mir tausend; ihm wird noch das Königtum zufallen.“
1.Samuel
18,6-8
.
Ein schwerer Charakterfehler Sauls war sein Verlangen nach
Beifall. Dieser Zug beeinflußte sein gesamtes Denken und Handeln.
Alles und jedes wurde von dem Wunsch nach Lob und von seiner
Überheblichkeit bestimmt. Sein Maßstab für Recht und Unrecht
hing von der niedrigen Währung der Volksgunst ab. Aber niemand
kann sich sicher fühlen, der nur den Menschen gefallen will und
nicht vor allem Gottes Bestätigung sucht. Saul hatte den Ehrgeiz, in
der Wertschätzung der Menschen der erste zu sein. Als nun dieses
Loblied gesungen wurde, setzte sich beim König die Überzeugung
fest, David könnte die Herzen des Volkes gewinnen und regieren an
seiner Statt.
Saul gab der Eifersucht Raum und vergiftete dadurch seine Seele.
Der Prophet Samuel hatte ihm erklärt, Gott tue, was er wolle, und
niemand könne ihn daran hindern. Trotzdem zeigte es sich, daß
der König keine richtige Erkenntnis über die Pläne oder die Kraft
Gottes besaß. Er setzte seinen Willen dem des Unendlichen entgegen.
Solange Saul Israel regierte, hatte er nicht gelernt, sich selbst in
der Gewalt zu haben. Er ließ sich in seinem Urteil ganz und gar
von seinen Gefühlen beherrschen, bis er in rasende Leidenschaft
versank. Er bekam Wutanfälle, in denen er fähig war, jedem das
Leben zu nehmen, der ihm zu widersprechen wagte. Aus seiner
Tobsucht verfiel er wiederum in Verzweiflung und Selbstverachtung;
Gewissensbisse plagten ihn.
Er hörte David gern auf seiner Harfe spielen; der böse Geist schi-
en dann eine Zeitlang von ihm zu weichen. Aber als der junge Mann
eines Tages wiederum seinem Instrument wohlklingende Melodien
[632]
entlockte und dazu das Lob Gottes sang, schleuderte Saul plötzlich
seinen Speer nach ihm, um ihn zu töten. David blieb durch Gottes