Seite 647 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Davids Großmut
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sobald sie sich den Einflüsterungen des Bösen erneut zugänglich
zeigen, leben die früheren Zweifel wieder auf und erwacht die alte
Feindschaft. Und wieder geschieht, was sie bereut und zeitweilig
unterlassen hatten. Sie verleumden und verdammen gerade dieje-
nigen aufs härteste, vor denen sie demütige Bekenntnisse abgelegt
haben. Solcher Menschen kann sich Satan dann mit weit größerem
Erfolg bedienen als zuvor, weil sie wider besseres Wissen sündigen.
„Und Samuel starb, und ganz Israel versammelte sich und hielt
ihm die Totenklage. Und sie begruben ihn in seinem Hause zu
Rama.“
1.Samuel 25,1
. Samuels Tod wurde vom Volk Israel als
unersetzlicher Verlust empfunden. Mit ihm ging ein großer, wahr-
hafter Prophet und hervorragender Richter dahin, und ihre Trauer
war tief und aufrichtig. Von Jugend auf war Samuel in der Lauterkeit
seines Herzens Israel vorangegangen. Obwohl Saul König war, hatte
Samuel viel stärkeren Einfluß als er, weil man ihn als pflichttreu,
gehorsam und fromm kannte. Wir lesen, daß er Israel während seines
ganzen Lebens richtete.
Als das Volk Sauls und Samuels Leben verglich, erkannte es,
wie unklug es gewesen war, sich einen König zu wünschen, nur um
sich nicht von den Nachbarvölkern zu unterscheiden. Viele wiesen
beunruhigt auf die Zersetzung der herrschenden Gesellschaftsord-
nung durch Unglauben und Gottlosigkeit hin. Das Beispiel ihres
Herrschers übte einen weitreichenden Einfluß aus, und mit Recht
beklagten die Israeliten Samuels Tod, der ein Prophet des Herrn
gewesen war.
Israel hatte den Gründer und Leiter seiner gesegneten Schulen
verloren, darüber hinaus aber auch den Mann, zu dem jeder mit
seinen Sorgen hatte gehen können, und von dem alle wußten, daß
er vor Gott stets für das Wohl des Volkes eingetreten war. Samuels
Fürbitte hatte ihnen immer ein Gefühl der Sicherheit gegeben; denn
„des Gerechten Gebet vermag viel, wenn es ernstlich ist“.
Jakobus
5,16
. Jetzt hatte man allgemein das Empfinden, von Gott verlassen
zu sein. Der König war offenbar dem Wahnsinn nahe. Das Recht
wurde verfälscht, und aus Ordnung war Verwirrung geworden.
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Gerade als das Volk von inneren Streitigkeiten zerrissen war
und Samuels beruhigender, gottesfürchtiger Rat am nötigsten schien,
legte Gott seinen greisen Diener zur Ruhe. Mit schmerzlichen Emp-
findungen schauten die Israeliten auf seinen schlichten Ruheplatz