Seite 648 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Patriarchen und Propheten
und erinnerten sich ihrer Torheit, ihn als Herrscher abgelehnt zu
haben; hatte er doch in so engem Verhältnis zum Himmel gestan-
den, daß er ganz Israel mit dem Thron Jahwes zu verbinden schien.
Samuel hatte sie gelehrt, Gott zu lieben und ihm zu gehorchen. Nun
er tot war, sahen sie sich einem König ausgeliefert, der dem Bö-
sen verfallen war und das Volk von Gott und dem Himmel trennen
würde.
David konnte an Samuels Begräbnis nicht teilnehmen, aber er
trauerte so tief und schmerzlich um ihn wie ein Sohn um den gelieb-
ten Vater. Er wußte, mit Samuels Tod war ein weiteres Hindernis
für Sauls Untaten gefallen, und er fühlte sich noch bedrohter als
zu Lebzeiten des Propheten. Während Sauls Aufmerksamkeit von
der Totenklage für Samuel in Anspruch genommen war, benutzte
David die Gelegenheit, sich nach einem Ort größerer Sicherheit um-
zuschauen. Deshalb floh er in die Wüste Paran. Dort verfaßte er
den hundertzwanzigsten und hunderteinundzwanzigsten Psalm. In
dieser trostlosen Einöde dichtete er in Erinnerung an den Tod des
Propheten und an die Feindschaft des Königs:
„Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde gemacht
hat. Er wird deinen Fuß nicht gleiten lassen, und der dich behütet,
schläft nicht. Siehe, der Hüter Israels schläft und schlummert nicht ...
Der Herr behüte dich vor allem Übel, er behüte deine Seele. Der Herr
behüte deinen Ausgang und Eingang von nun an bis in Ewigkeit!“
Psalm 121,2-8
.
Solange David und seine Männer in der Wüste Paran weilten, be-
schützten sie die Herden eines reichen Mannes namens Nabal, der in
jener Gegend große Besitzungen hatte, vor räuberischen Überfällen.
Nabal, ein Nachkomme Kalebs, war aber von Natur aus mürrisch
und geizig.
In der Zeit der Schafschur war man besonders gastfrei. David
brauchte für sich und seine Leute dringend Nahrungsmittel. So sand-
te er, der damaligen Sitte entsprechend, zehn junge Männer zu Nabal,
trug ihnen Grüße auf und ließ sie ausrichten: „Friede sei mit dir und
deinem Hause und mit allem, was du hast! Ich habe gehört, daß
du Schafschur hast. Nun, deine Hirten sind mit uns zusammen ge-
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wesen; wir haben ihnen nichts zuleide getan, und sie haben nichts