Seite 71 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Seth und Henoch
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keit wurde, desto sehnlicher verlangte ihn nach der oberen Heimat.
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Obwohl noch auf Erden, wohnte er im Glauben schon im Reiche
des Lichts.
„Selig sind, die reines Herzens sind; denn sie werden Gott schau-
en.“
Matthäus 5,8
. Diese Reinheit der Seele, die Übereinstimmung
mit dem Himmel erstrebte Henoch dreihundert Jahre lang. In dieser
Weise wandelte er mit Gott. Tag für Tag sehnte er sich nach einer
engeren Verbindung mit ihm. Immer vertrauter war ihre Gemein-
schaft geworden, bis Gott ihn zu sich nahm. Henoch hatte schon an
der Schwelle zur Ewigkeit gestanden; nur ein Schritt lag zwischen
ihm und dem Lande der Glückseligkeit. Und nun trat er als erster
der Menschen durch die ihm geöffneten Tore der heiligen Stadt, um
dort, wie schon auf Erden, mit Gott zu wandeln.
Sein Fehlen machte sich auf Erden bemerkbar. Man vermißte
die Stimme, die Tag für Tag gewarnt und gelehrt hatte. Einzelne
Gerechte und auch einige Böse hatten sein Weggehen miterlebt.
In der Hoffnung, ihn an einem der Plätze zu finden, wohin er sich
gern zurückzog, suchten seine Freunde nach ihm. In ähnlicher Weise
forschten später die Prophetenkinder nach Elia. Aber vergeblich. Sie
berichteten, er sei nirgends zu finden — Gott hatte ihn hinwegge-
nommen.
Durch Henochs Entrückung wollte Gott vielen eine wichtige
Lehre erteilen. Nicht wenige standen nämlich in der Gefahr, wegen
der furchtbaren Folgen der Sünde Adams mutlos zu werden. Sie
fragten sich: „Was nützt es, den Herrn gefürchtet und seinen Geboten
gehorcht zu haben, wenn ein schwerer Fluch auf der Menschheit ruht
und der Tod unser aller Schicksal ist?“ Aber die Unterweisungen,
die Gott Adam gegeben, Seth wiederholt und Henoch bestätigt hatte,
bannten Dunkelheit und Finsternis. Sie gaben dem Menschen die
Hoffnung, daß, wie durch Adam der Tod gekommen war, durch den
verheißenen Erlöser Leben und Unsterblichkeit kommen würden.
Der Widersacher verführte die Menschen zu dem Glauben, es gäbe
weder Lohn für die Gerechten noch Strafe für die Bösen, und es sei
dem Menschen unmöglich, Gottes Gebote zu halten. Aber im Falle
Henochs sagte Gott von sich, „daß er sei und denen, die ihn suchen,
ein Vergelter sein werde“.
Hebräer 11,6
. Er offenbarte damit, wie er
mit denen verfahren werde, die seine Gebote halten. Henoch lehrte
die Menschen, daß es wohl möglich ist, dem Gesetz Gottes zu gehor-